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Vorteil für Hochdosis-Glukokortikoide?

Bei Anzeichen der Verschlechterung eines Asthmas den akuten Anfall (Exazerbation) kurzfristig mit hohen Dosen von Glukokortikoiden zu verhüten – diese Strategie wird von der globalen Initiative für Asthma unterstützt. Laut einer aktuellen Studie ist sie zumindest bei Schulkindern wirkungslos.

Ein Wissenschaftsteam der Universität des US-Bundesstaats Wisconsin teilte 254 asthmakranke Kinder im Alter zwischen fünf und elf Jahren in zwei Gruppen auf. Alle Kinder hatten leichtes bis mittelschweres Asthma und im Jahr zuvor eine Exazerbation durchgemacht. Zunächst erhielten alle Kinder eine niedrig dosierte Inhalationstherapie mit dem Glukokortikoid-Wirkstoff Fluticasonpropionat. 127 Kinder setzten bei Symptomen einer erneuten Verschlechterung des Asthmas diese Therapie fort. Die anderen 127 Kinder wechselten bei Anzeichen einer bevorstehenden Exazerbation auf die fünffache Dosis Fluticasonpropionat, und zwar von 44 Mikrogramm pro Inhalation (bei zwei Inhalationen täglich) auf 220 Mikrogramm pro Inhalation. Diese Hochdosis-Therapie wurde sieben Tage lang fortgesetzt. Die Studie dauerte ein Jahr.

 

Höchste wissenschaftliche Standards erreicht

Die Kinder wurden nach dem Zufallsprinzip („randomisiert“) auf die beiden Gruppen aufgeteilt. Die Studie war doppelblind organisiert, das heißt weder Kinder noch Ärzte wussten, ob die kleinen Patienten der Hoch- oder Niedrigdosisgruppe zugeteilt waren. Damit genügte die Studie höchsten wissenschaftlichen Standards; die Ergebnisse wurden im New England Journal of Medicine veröffentlicht.

Jedes Kind erhielt zwei gleich aussehende Inhaliergeräte: eines für die „grüne Zone“ – bei unauffälligen Symptomen – und eines für die „gelbe Zone“, wenn das Asthma außer Kontrolle zu geraten drohte. Die „gelbe Zone“ war dann erreicht, wenn das Kind den Notfall-Wirkstoff Salbutamol benötigte, entweder einmal in der Nacht, mehr als zweimal innerhalb von sechs Stunden oder mehr als dreimal im Laufe von 24 Stunden. Dann sollte es sieben Tage lang auf den zweiten Inhalator wechseln. Dieser enthielt bei den Kindern der Niedrigdosis-Gruppe die bisher schon gewohnten 44 Mikrogramm Fluticasonpropionat pro Inhalation, bei den Kindern der Hochdosis-Gruppe die fünffache Menge. Dabei waren die Inhalatoren von außen nicht zu unterscheiden.

Ziel war herauszufinden, ob Exazerbationen bei den Kindern der Hochdosis-Gruppe seltener auftraten als bei den anderen. Als Exazerbation galt, wenn ein Arzt oder eine Ärztin nach intensivem Gebrauch von Salbutamol (in zwei von drei Nächten, mehr als sechsmal in sechs oder mindestens zwölfmal in 24 Stunden) die Einnahme von Glukokortikoid-Tabletten verordnen musste.

 

Kein Vorteil für Hochdosis-Strategie

Insgesamt 192 Kinder beendeten die einjährige Studie, 94 in der Hochdosis- und 98 in der Niedrigdosis-Gruppe. Die Hochdosis-Kinder mussten in 192 Fällen wegen einer drohenden Asthma-Exazerbation auf den zweiten Inhalator wechseln, die Niedrigdosis-Kinder in 203 Fällen. Eine Exazerbation, die die Einnahme von Glukokortikoid-Tabletten nötig machte, trat bei 38 Kindern in der Hochdosisgruppe tatsächlich auf. In der Gruppe mit durchgehend niedriger Dosis waren es 30 Fälle.

Dieser Unterschied erreicht keine statistische Relevanz. Dennoch kommen die Autoren zu dem Schluss, dass eine Hochdosis-Präventionsstrategie bei drohender Verschlechterung eines leichten bis mittelschweren Asthmas im Schulalter nicht empfehlenswert ist. Denn der Glukokortikoid-Verbrauch war bei den Hochdosis-Kindern um 16 Prozent höher. Außerdem war – für die Autoren überraschend – das Wachstum der Kinder in der Hochdosisgruppe leicht reduziert. Sie wuchsen im Studienjahr nur um durchschnittlich 5,43 Zentimeter, während die Kinder der Niedrigdosisgruppe um 5,65 Zentimeter größer wurden.

Quelle:

Jackson, D. J. et al.:Quintupling Inhaled Glucocorticoids to Prevent Childhood Asthma Exacerbations.In: New England Journal of Medicine 2018; 378:891-901 DOI: 10.1056/NEJMoa1710988