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Wirkstoff aus Parasiten-Larven bei allergischem Asthma?

Bei einer Allergie reagiert der Körper auf eigentlich harmlose Substanzen aus der Umwelt mit einer überschießenden Immunreaktion. Forschende des Helmholtz Zentrums München und der Technischen Universität München (TUM) haben in einer Studie entdeckt, dass ein Wirkstoff aus Larven eines Wurmparasiten helfen könnte, Immunreaktionen zu dämpfen. Dieser Ansatz könnte sich für neue Therapien bei Allergien oder Asthma eignen.

Für die Studie wurden die Larven des Rundwurms mit dem Namen Heligmosomoides polygyrus, kurz Hpb genannt, verwendet. Die Larven nisten sich natürlicherweise in der Darmschleimhaut von Nagetieren ein, um dort zu geschlechtsreifen Würmern heranzuwachsen. Damit das Immunsystem sie nicht als Feind einordnet und mit Abwehrreaktionen, wie beispielsweise mit Entzündungsreaktionen gegen die Eindringlinge vorgeht, müssen sie jedoch das Immunsystem ihres Wirts überwinden. Dafür verfügen die Larven über Wirkstoffe, mit denen sie die Immunantwort des Wirts gezielt regulieren können. Für die Therapie von chronischen Entzündungskrankheiten, wie beispielsweise allergisches Asthma, wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler diese evolutionär gereiften Substanzen nutzbar machen.

Wurmprotein konnte identifiziert werden

Den Forschenden ist es in ihrer Studie gelungen eine der Substanzen zu isolieren, identifizieren und analysieren: das Protein Hpb-Glutamat-dehydrogenase. Dieses Protein aktiviert verschiedene Stoffwechselwege, die das Immunsystem regulieren. Dadurch  bilden sich entzündungshemmende Botenstoffe in den Immunzellen des Wirts und gleichzeitig wird der Anteil der entzündungsfördernden Botenstoffe gesenkt.

Bei  chronischen Atemwegsentzündungen, wie zum Beispiel bei allergischem Asthma spielen Entzündungsreaktionen des Immunsystems eine große Rolle. Zur Behandlung dieser Erkrankungen könnte die Hpb-Glutamat-Dehydrogenase mit ihrer Fähigkeit, die Immunantwort abzuschwächen, eine aussichtsreiche Lösung bieten. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten bereits an Mausmodellen mit allergischem Asthma zeigen, dass sich mit den Larven-Proteinen eine Entzündungsreaktion abschwächen lässt. Ebenso zeigten Laboruntersuchungen mit menschlichen Zellen positive Ergebnisse: die pro-entzündliche Aktivität der Makrophagen konnten durch die Hpb-Glutamat Dehydrogenase deutlich gesenkt werden. Bei Makrophagen handelt es sich um bestimmte menschliche Immunzellen, die für die Entstehung chronischer Entzündungen verantwortlich sind, wenn sie dauerhaft aktiviert sind. Die Substanz der Larven war in den Versuchen sogar wirkungsvoller als Kortison.

Die Entwicklung der neuen Therapie ist erst am Anfang

Die Forschenden weisen ausdrücklich darauf hin, dass der Weg bis zum fertigen Medikament noch lange ist und noch viele Fragen geklärt werden müssen. Zum Beispiel ist noch unklar, wie das Protein von den Zellen der Atemwege aufgenommen wird oder welche Auswirkungen es insgesamt auf das menschliche Immunsystem hat. Den neuen Larven-Wirkstoff haben sie jedoch bereits zum Patent angemeldet.

Quellen:

De los Reyes Jiménez, M. et al: An anti-inflammatory eicosanoid switch mediates the suppression of type-2 inflammation by helminth larval products. In: Science Translational Medicine, 22 April 2020.
Technische Universität München: Neuer Wirkstoff gegen allergisches Asthma entdeckt: Mit Parasiten-Larven gegen Allergien. Pressemeldung vom 24.04.2020