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Nahrungsmittelallergie
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Nahrungsmittelallergie: Forschungsansätze

Ein wichtiger Faktor, der bei der Entstehung von Nahrungsmittelallergien eine Rolle spielt, ist offenbar eine intakte Hautbarriere. Insofern ist es wohl auch nicht verwunderlich, dass Kinder, die frühzeitig eine schwere Neurodermitis entwickeln, zu 30 bis 40 Prozent auch unter einer Nahrungsmittelallergie leiden.

    Wissenschaftliche Beratung:

    Prof. Dr. Margitta Worm, Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e.V.

    c/o Klinik für Dermatologie, Allergologie und Venerologie, Allergie-Centrum-Charité

    E-Mail: margitta.worm@charite.de

    Dr. Imke Reese, Deutsche Gesellschaft für Alleroglogie und Immunologie, AG Nahrungsmittelallergie

    c/o Ernährung & Allergologie, München

    E-Mail: info@ernaehrung-allergologie.de

    Ein wichtiger Faktor, der bei der Entstehung von Nahrungsmittelallergien eine Rolle spielt, ist offenbar eine intakte Hautbarriere. Insofern ist es wohl auch nicht verwunderlich, dass Kinder, die frühzeitig eine schwere Neurodermitis entwickeln, zu 30 bis 40 Prozent auch unter einer Nahrungsmittelallergie leiden.

    Wissenschaftliche Beratung:

    Prof. Dr. Margitta Worm, Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e.V.

    c/o Klinik für Dermatologie, Allergologie und Venerologie, Allergie-Centrum-Charité

    E-Mail: margitta.worm@charite.de

    Dr. Imke Reese, Deutsche Gesellschaft für Alleroglogie und Immunologie, AG Nahrungsmittelallergie

    c/o Ernährung & Allergologie, München

    E-Mail: info@ernaehrung-allergologie.de

    In Entwicklung: Weitere Formen der Immuntherapie bei Nahrungsmittelallergie

    Eine spezifische Immuntherapie (Hyposensibilisierung) als Spritze (subkutane Immuntherapie, SCIT) oder als Tropfen bzw. Tablette (sublinguale Immuntherapie, SLIT) für eine primäre Nahrungsmittelallergie gibt es bisher nicht. Derzeit befindet sich ein Erdnussallergoid-Extrakt in der klinischen Entwicklung, das als Spritze verabreicht wird. Allergoide enthalten das Erdnussprotein in zum Teil veränderter Form, was sie verträglicher macht. Auch Tropfen zur Behandlung der Erdnussallergie wiesen in mehreren Studien eine klinische Wirksamkeit auf und waren dabei gut verträglich. Für sekundäre Nahrungsmittelallergien wie birkenassoziierte Apfel-, Haselnuss- oder Sojaallergie liegen bislang nur uneinheitliche Studienergebnisse vor.

    Immuntherapie mittels „Erdnusspflaster“

    Eine andere Methode verwendet Allergen-beschichtete Pflaster auf der Haut, die täglich erneuert werden. Um die Allergen-Dosis zu steigern, wird das Pflaster nach und nach länger auf der Haut belassen. Diese Methode heißt epikutane Immuntherapie, abgekürzt EPIT. Auch dieses Verfahren wird derzeit bei Menschen mit einer Erdnussallergie in Studien geprüft. Vielversprechende Ergebnisse für ein sogenanntes „Erdnusspflaster“ haben sich bereits für ein- bis dreijährige Kleinkinder mit einer Erdnussallergie in der internationalen Studie EPITOPE gezeigt.

    Antikörpertherapien bei Nahrungsmittelallergien

    Eine weitere immunologische Behandlungsstrategie sind Antikörpertherapien. Dafür werden Antikörper in lebenden Zellen hergestellt, weshalb diese Medikamente auch als Biologika bezeichnet werden. In der Entwicklung befinden sich Antikörper, die sich gegen das IgE-Molekül richten, das für einen Großteil der allergischen Symptome verantwortlich ist. Das Ziel ist es, mithilfe der Antikörper das IgE abzufangen, damit es keine allergischen Symptome mehr auslösen kann. In klinischer Untersuchung befinden sich bereits die IgE-Antikörper Omalizumab und Ligelizumab entweder als alleinige Behandlung oder ergänzend zu einer oralen Immuntherapie. Ein möglicher Vorteil für die Kombination von  Antikörpertherapie und  oraler Immuntherapie bei einer Nahrungsmittelallergie könnte sein, dass sich die Wirksamkeit erhöht und die Nebenwirkungen abnehmen.

    Darüber hinaus werden gerade Studien zur Therapie mit dem Antikörper Dupilumab bei Nahrungsmittelallergien durchgeführt. Dupilumab richtet sich gegen den Rezeptor für den Botenstoff Interleukin 4 (IL-4), der entscheidend an der Entstehung von allergischen Reaktionen beteiligt ist. Dupilumab ist bereits zur Behandlung der atopischen Dermatitis, von Asthma und der eosinophilen Ösophagitis von Nasenpolypen zugelassen.

    Daneben spielt der Botenstoff Interleukin 33 (IL-33) eine wichtige Rolle bei Nahrungsmittelallergien. Deshalb wird in Studien versucht, die Erdnussallergie mit dem IL-33-Antikörper Etokimab zu behandeln.

    Zum augenblicklichen Zeitpunkt ist nicht absehbar, ob diese Therapien langfristig zu einer kompletten „Gewöhnung“ oder „Toleranz“ gegenüber dem allergieauslösenden Nahrungsmittel führen. Oder – wie bisher – zusätzlich zur Meidung eingesetzt werden - mit dem Ziel, die Sicherheit und Lebensqualität der Patienten zu steigern.

    Aus dieser Beobachtung heraus ist die These entstanden, dass der Erstkontakt mit einem potentiellen Allergen über die (entzündete) Haut zu einer Sensibilisierung führt, während der Erstkontakt über den Darm die Toleranz unterstützt. Um diese Hypothese zu untermauern, gab es in den letzten Jahren eine Reihe von Versuchen, Babys möglichst früh an bestimmte Nahrungsmittel zu gewöhnen, die häufig Allergien auslösen.

    Quellen

    Die hier aufgeführten Leitlinien und Aufsätze richten sich, so nicht ausdrücklich anders vermerkt, an Fachkreise. Ein Teil der hier angegebenen Aufsätze ist in englischer Sprache verfasst.

    • Andorf, S. et al.: Anti-IgE treatment with oral immunotherapy in multifood allergic participants: a double-blind, randomised, controlled trial. Lancet Gastroenterol Hepatol 2018; 3: 85–94
    • Bergmann, K. et al.: Aktueller Stand zur Verbreitung von Allergien in Deutschland. Positionspapier der Kommission Umweltmedizin am Robert Koch-Institut. In: Allergo J Int 2016, 25: 6
    • Beyer, K. et al.: Neue Therapiekonzepte bei Nahrungsmittelallergien. In: Allergologie 2016; 39: 439–444
    • Biedermann, T. et al. (Hrsg., 2016): Allergologie. Springer, Berlin/Heidelberg, 2. Aufl., ISBN9783642372025
    • Bindslev-Jensen, C et al.: SCIT-treatment With a Chemically Modified, Aluminum Hydroxide Adsorbed Peanut Extract (HAL-MPE1) Was Generally Safe And Well Tolerated And Showed Immunological Changes In Peanut Allergic Patients. J Allergy Clin Immunol 2017; 139: AB191
    • Blumchen, K et al.: Post hoc analysis examining symptom severity reduction and symptom absence during food challenges in individuals who underwent oral immunotherapy for peanut allergy: results from three trials. Allergy Asthma Clin Immunol 2023; 19: 21
    • Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Aktionsplan Allergien - Allergieportal. (eingestellt am 31.12.2012)
    • Burks, A et al.: Epitope study results: Phase 3, randomized double-blind, placebo-controlled study of epicutaneous immunotherapy in peanut-allergic toddlers. Annals of Allergy, Asthma & Immunology 2022; 129: S12
    • Chinthrajah, S et al.: Phase 2a randomized, placebo-controlled study of anti-IL-33 in peanut allergy. JCI Insight 2019; 4: e131347
    • Du Toit, G. et al.: Oral immunotherapy in children ages 1 to <4 with peanut allergy: POSEIDON trial outcomes. Präsentation auf der Jahrestagung des American College of Allergy, Asthma & Immunologyopens (ACAAI) 2022
    • Eigenmann PA et al.: Are avoidance diets still warranted in children with atopic dermatitis? Pediatric Allergy and Immunology. 2020;31(1):19-26.
    • Fischer J, et al.: Alpha-Gal-Syndrom: Ein Überblick zum klinischen Bild und zu pathophysiologischen Konzepten. In: Hautarzt 2022; 73: 195–200
    • Grabenhenrich LB et al.: Anaphylaxis in children and adolescents: The European Anaphylaxis Registry. The Journal of allergy and clinical immunology. 2016;137(4):1128-37.e1.
    • Grabenhenrich, L et al.: Frequency of food allergy in school-aged children in eight European countries-The Euro-Prevall-iFAAM birth cohort. Allergy 2020; 75: 2294–2308
    • Informationen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft: Neuartige Lebensmittel - Novel Food (Letzter Abruf: 19.01.2024)
    • Jones SM, et al.: Efficacy and safety of oral immunotherapy in children aged 1–3 years with peanut allergy (the Immune Tolerance Network IMPACT trial). Lancet 2022; 399: 359–371
    • O’B Hourihane J, et al.: Efficacy and safety of oral immunotherapy with AR101 in European children with a peanut allergy (ARTEMIS): a multicentre, double-blind, randomised, placebo-controlled phase 3 trial. Lancet Child Adolesc Health 2020; 4: 728–739
    • Ring, J. et al.: S2-Leitlinie Akuttherapie und Management der Anaphylaxie. In: Allergo J Int 2021; 30: 1–25
    • Schäfer, C. et al.: Fruktosemalabsorption. Stellungnahme der AG Nahrungsmittelallergie in der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI). In: Allergo J 2010; 19: 66–69
    • Kopp, MV. et al.: S3-Leitlinie Allergieprävention (Stand: 11. November 2022)
    • Worm, M.: S2k-Leitlinie Management IgE-vermittelter Nahrungsmittelallergien. In: Allergologie 2021; 44: 488–541

    Letzte Aktualisierung:

    13. Oktober 2023