Prävention: Nahrungsmittelallergien vorbeugen
Wissenschaftliche Beratung: Prof. Dr. Margitta Worm und Dr. Imke Reese

Lässt sich verhindern, dass allergische Erkrankungen beim Nachwuchs auftreten? Diese Frage beschäftigt viele Eltern, vor allem wenn bereits enge Familienmitglieder betroffen sind.
Obwohl es nach wie vor keine wirksamen Maßnahmen gibt, eine allergische Erkrankung sicher zu verhindern, gibt es Empfehlungen, die darauf abzielen, die Toleranzentwicklung beim Nachwuchs von Anfang an zu stärken. Das beginnt bereits vor der Geburt eines Kindes. Dabei gilt: kein vorauseilender Verzicht in der Schwangerschaft.
Kein Schutz durch Vermeidung
Studien zeigen, dass das Vermeiden von Lebensmitteln, die besonders häufig Allergien auslösen, das Kind nicht vor Lebensmittelallergien schützen. Verschiedene andere Studien zeigen darüber hinaus, dass das kindliche Allergierisiko sogar sinken kann, wenn die Mutter in der Schwangerschaft und Stillzeit Meeresfisch isst. Daher wurde diese Empfehlung auch in die aktuelle Leitlinie zur Allergieprävention aufgenommen.
Weitere Ernährungsfaktoren, die offenbar eine schützende Wirkung vor Nahrungsmittelallergien haben können, sind:
- Verzehr von Gemüse und Obst bzw. eine mediterrane Ernährung
- eine ausreichende Versorgung mit langkettigen Omega-3-Fettsäuren
- vollfette Milchprodukte, insbesondere Joghurt
Die Nationale Stillkommission empfiehlt vier bis sechs Monate ausschließlich zu stillen. Die Leitlinien empfehlen, ab Beginn des fünften Lebensmonats schrittweise zuzufüttern. Durch einen vielfältigen Speiseplan sollen Babys nach und nach an möglichst viele Nahrungsmittel, die in der Familie gegessen werden, herangeführt werden.
Babys Speiseplan kann zur Allergie-Vorbeugung beitragen
Um den Bedarf des Babys sinnvoll zu decken, wird empfohlen, sich an dem Ernährungsplan für das erste Lebensjahr zu orientieren. Eine Meidung häufiger kindlicher Allergieauslöser wird nicht empfohlen – auch nicht bei allergiegefährdeten Kindern. Dies gilt natürlich nur, solange keine Beschwerden beim Verzehr bestimmter Lebensmittel auftreten.
Allerdings sind diesbezüglich noch viele Fragen offen. Es gibt zwar einige Studienergebnisse, die darauf hinweisen, dass ein früher Kontakt mit Nahrungsmittelallergenen mit der Beikost vorbeugende Effekte haben könnte. Die bisherigen Daten reichen jedoch nicht aus, um konkrete Empfehlungen daraus abzuleiten.
Wissenschaftler finden zudem immer mehr Hinweise darauf, dass die Zusammensetzung der Darmbakterien ein wichtiger Einflussfaktor hinsichtlich der Entwicklung allergischer Erkrankungen wie einer Nahrungsmittelallergie ist. Allerdings ist hier noch mehr Forschung nötig, bevor dieses Wissen möglicherweise in der Prävention angewandt werden kann.
Weitere Maßnahmen zur Allergie-Vorbeugung
Wichtig ist, dass Schwangere nicht rauchen und sich nicht in Räumen aufhalten, in denen geraucht wird oder wurde. Bestehen in einer Familie bereits Allergien, sollten keine Katzen als Haustiere angeschafft werden. Ein Abschaffen einer vorhandenen Katze wird dagegen nicht mehr empfohlen. Soweit möglich sollten Schwangere starke Belastungen durch Luftschadstoffe und Schimmelbildung meiden.
Wissenschaftliche Beratung
Prof. Dr. Margitta Worm
Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e.V.
c/o Klinik für Dermatologie, Allergologie und Venerologie, Allergie-Centrum-Charité
E-Mail: margitta.worm@charite.de
Dr. Imke Reese
Deutsche Gesellschaft für Alleroglogie und Immunologie, AG Nahrungsmittelallergie
c/o Ernährung & Allergologie, München
E-Mail: info@ernaehrung-allergologie.de
Quellen:
Die hier aufgeführten Leitlinien und Aufsätze richten sich, so nicht ausdrücklich anders vermerkt, an Fachkreise. Ein Teil der hier angegebenen Aufsätze ist in englischer Sprache verfasst.
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Letzte Aktualisierung:
11. November 2019