Ausgewogene Ernährung trotz Nahrungsmittelallergie oder Nahrungsmittelunverträglichkeit

Wissenschaftliche Beratung: Dr. Roma Thamm

In der Mitte steht ein Kochtopf auf einem blauen Küchenhandtuch, daneben ein Kochlöffel aus Holz. Darum herum sind verschiedene Gemüsesorten wie Lauch, Karotten, Rosenkohl, Zucchini, Champignons und Blumenkohl platziert
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Der Körper benötigt verschiedene Nährstoffe, um richtig zu funktionieren und gesund zu bleiben oder zu werden. Damit er von allem ausreichend erhält, ist eine ausgewogene Ernährung wichtig.

Doch das ist nicht immer einfach, wenn die Lebensmittelauswahl durch Allergien oder andere Unverträglichkeiten eingeschränkt ist. Damit die Ernährung dann nicht einseitig wird und gleichzeitig der notwendige Verzicht eingehalten werden kann, ist professionelle Unterstützung durch eine allergologisch erfahrene Ernährungsfachkraft sinnvoll.

Gut zu wissen

Vollwertig essen und trinken – die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat dafür zehn Regeln formuliert.

Ausgewogene Ernährung - was ist das?

Eine ausgewogene, gesunde Ernährung zeichnet sich durch eine abwechslungsreiche Auswahl und schonende Zubereitung vor allem von Lebensmitteln mit geringer industrieller Verarbeitungstiefe aus. Dabei sollten pflanzliche Lebensmittel und Vollkornprodukte (Vollwertkost) je nach individuellen Vorlieben besonders berücksichtigt werden.

Die Ernährung sollte alle wichtigen Nährstoffe enthalten, die für die Gesundheit sowie geistige und körperliche Leistungsfähigkeit notwendig sind. Je nach Alter, Geschlecht, Größe und Gewicht hat unser Körper dabei einen unterschiedlich hohen Bedarf an Kohlenhydraten, Eiweißen (Proteinen), Fett, Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, Ballaststoffen und Wasser.

Eine ausgewogene, gesundheitsbewußte Ernährung kann den Verlauf von Krankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck, Verstopfung, Übergewicht und Gicht positiv beeinflussen, bei denen die Ernährung eine bedeutende Rolle spielt.


Hilfe bei der praktischen Umsetzung

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat die Grundsätze einer vollwertigen Ernährung in zehn Regeln zusammengefasst. Diese zehn Regeln gelten gleichermaßen für gesunde Menschen wie auch für Betroffene mit Nahrungsmittelallergien oder -unverträglichkeiten. Für Letztere müssen die Regeln allerdings individuell angepasst werden. Milchallergiker zum Beispiel müssen in der Regel auf sämtliche Milchprodukte verzichten und auf andere Lebensmittel ausweichen.

Eine individuelle Ernährungsberatung durch eine allergologisch erfahrene Fachkraft kann Alternativen für die Nährstoffversorgung aufzeigen. So entstehen für Milchallergiker eigene Regeln zur ausgewogenen Ernährung, die sich aber an den zehn Regeln der DGE orientieren sollten.

Um zu verdeutlichen, welche Lebensmittelgruppen für eine ausgewogene Ernährung wichtig sind und eine Art Checkliste für den Tag zu geben, entwickelten verschiedene Fachverbände den Ernährungskreis beziehungsweise die dreidimensionale Lebensmittelpyramide. Die in sieben Gruppen eingeteilten Lebensmittel tragen in jeweils unterschiedlichem Ausmaß zu einer optimalen Nährstoffversorgung bei.

Beispiel: Milcheiweißallergie

Optimal funktioniert unser Körper, wenn alle Nährstoffe in ausreichender Menge mit der Nahrung aufgenommen werden. Dies ist durch eine abwechslungsreiche, vollwertige Ernährung mit Schwerpunkt auf pflanzlichen Lebensmitteln und ergänzender, kleinerer Portion tierischer Lebensmittel sowie einer ausreichenden Menge an Flüssigkeit am Tag gewährleistet.

Betroffene mit einer Nahrungsmittelallergie oder -unverträglichkeit nehmen hier eine Sonderstellung ein. Sie müssen möglicherweise bestimmte Lebensmittel oder ganze Lebensmittelgruppen von ihrem Speiseplan streichen. Bevor man versucht, diese Defizite mit Vitaminpillen und anderen Nahrungsergänzungsmitteln pauschal auszugleichen, sollte man eine individuelle Ernährungsberatung in Anspruch nehmen. Oftmals lassen sich Defizite durch kleine Änderungen im Essverhalten regulieren.

Nährstoffreicher Ausgleich ist wichtig

Menschen mit einer Milcheiweißallergie, die komplett auf Milch- und Milchprodukte verzichten, sollten besonders darauf achten, dass sie gezielt Lebensmittel verzehren, die ausreichend Calcium, Vitamin D, Vitamin B2 und Jod enthalten. Auch hier kann eine fundierte Ernährungsberatung helfen. Ernährungswissenschaftler empfehlen zum Beispiel:

  • Achten Sie auf calciumreiche Mineralwässer (Calcium über 300 Milligramm/Liter).
  • Probieren Sie mit Calcium angereicherte Drinks und Joghurts auf pflanzlicher Basis, zum Beispiel aus Soja, Hafer oder Reis.
  • Mischen Sie Mineralwasser und mit Calcium angereicherte Fruchtsäfte (Vorsicht: Fruchtsäfte können Milcheiweiß enthalten).
  • Verzehren Sie mehrmals pro Woche calciumreiche Gemüsesorten wie Brokkoli, Grünkohl, Fenchel, Mangold, Spinat, Lauch, Kohlrabi, grüne Bohnen und für den Jod- und Vitamin-D-Haushalt zweimal pro Woche Seefisch.
  • Verbringen Sie viel Zeit an der frischen Luft. Vitamin D wird bei Sonneneinstrahlung hauptsächlich über die Haut gebildet.
  • Vitamin-B2-haltige Lebensmittel sind Muskelfleisch, Vollkornprodukte und Kartoffeln.
  • Vorsicht bei Fertigprodukten: Milch ist oft „versteckt“ in den Lebensmitteln enthalten. Achten Sie auf die Liste der Inhaltsstoffe. 

Ernährungsberatung

Eine Frau beugt sich über eine Obstauslage. In der linken Hand hält sie einen Korb mit Gemüse, in der rechten Hand eine Orange
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Im Falle einer Nahrungsmittelallergie oder einer Nahrungsmittelunverträglichkeit kann eine qualifizierte Ernährungsberatung dazu beitragen, sich trotz gesundheitlicher Einschränkung ausgewogen und gesund zu ernähren.

Dabei besteht die Möglichkeit, dass die gesetzliche Krankenversicherung zumindest einen Teil der Kosten übernimmt. Voraussetzung für eine solche Unterstützung durch die gesetzlichen Krankenkassen ist eine Bescheinigung über die medizinische Notwendigkeit einer Ernährungsberatung durch die oder den behandelnde/n Ärztin oder Arzt. Diese/r bestätigt damit, dass beispielsweise eine Nahrungsmittelallergie vorliegt, und gibt an, um welche es sich handelt.


Kostenübernahme mit ärztlicher Bescheinigung möglich

Mit dieser Bescheinigung können sich Betroffene bei ihrer Krankenkasse über eine Ernährungsberatung informieren. Eine Kostenübernahme kommt nur zustande, wenn die Ernährungsberatenden von der Krankenkasse anerkannt sind. Eine Beratung kann in Form einer individuellen Einzelberatung oder als Gruppenberatung erfolgen.

Die Berufsbezeichnung "Ernährungsberater" ist in Deutschland rechtlich nicht geschützt. Aus diesem Grund sollte man bei der Wahl des Ernährungsberatenden darauf achten, dass eine abgeschlossene Berufsausbildung als Diätassistentin/Diätassistent oder ein Studium der Ernährungswissenschaften bzw. Ökotrophologie vorliegt. Ein weiteres Auswahlkriterium kann die Registrierung der Fachkraft bei den entsprechenden Berufsverbänden sein.

Adressen zur Ernährungsberatung

Kennzeichnung von Lebensmitteln

Lebensmittelkennzeichnung auf einer Verpackung. Abgebildet sind die durchschnittlichen Nährwerte eines nicht erkennbaren Lebensmittels
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Bei verarbeiteten Lebensmitteln ist es für Menschen mit Nahrungsmittelallergien oder -unverträglichkeiten wichtig, auf die Inhaltsstoffe genau zu achten. So ist sichergestellt, dass sie nicht versehentlich „versteckt“ in diesen Produkten enthaltene Stoffe zu sich nehmen, die sie nicht vertragen.

Für die nötige Verbraucherinformation über die Zusammensetzung eines vorverpackten Lebensmittels sorgt die sogenannte Lebensmittel-Informationsverordnung (EU) Nr. 1169/2011, die auch die verpflichtende Angabe eines Zutatenverzeichnisses für verarbeitete Lebensmittel vorsieht. Alle Zutaten, die für die Herstellung des jeweiligen Lebensmittels verwendet wurden, werden in absteigender Reihenfolge ihres Gewichtsanteils aufgelistet. Die erste Zutat macht also den größten Gewichtsanteil des Lebensmittels, die letzte den kleinsten aus.

Das Lesen eines Zutatenverzeichnisses bedarf etwas Übung und sollte im Rahmen einer individuellen Ernährungsberatung trainiert werden, um beispielsweise einen Allergieauslöser zu entdecken und die enthaltene Menge zu bewerten.

Die 14 wichtigsten Allergene

Die 14 häufigsten Auslöser von Allergien und Unverträglichkeiten sind im Zutatenverzeichnis eindeutig hervorzuheben. Diese kennzeichnungspflichtigen Hauptallergene sind:

  • Glutenhaltiges Getreide (wie Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Dinkel)
  • Krebstiere
  • Eier
  • Fisch
  • Erdnüsse
  • Soja
  • Milch, Laktose
  • Schalenfrüchte (wie Mandeln, Haselnüsse, Walnüsse, Cashewnüsse, Pecannüsse, Paranüsse, Pistazien, Macadamia- oder Queenslandnüsse)
  • Sellerie
  • Senf
  • Sesamsamen
  • Schwefeldioxid und Sulfite
  • Lupinen
  • Weichtiere

Gekennzeichnet werden müssen auch alle aus diesen Lebensmitteln und Stoffen hergestellten Produkte, solange sie ihr allergenes Potenzial nicht durch die Verarbeitung oder den Herstellungsprozess verloren haben.

Ist kein Zutatenverzeichnis erforderlich, müssen diese Hauptallergene mit dem zusätzlichen Hinweis "enthält" angegeben werden - zum Beispiel "enthält Erdnüsse". Enthält die Bezeichnung des Lebensmittels das Allergen bereits eindeutig, ist diese Angabe nicht notwendig.

Kennzeichnungspflicht auch für unverpackte Ware

Auch bei unverpackter Ware (zum Beispiel an der Bedienungstheke oder im Restaurant) muss seit Dezember 2016 über enthaltene Allergene informiert werden. Dies ist schriftlich, elektronisch oder mündlich möglich.

Falls die Information mündlich durch das Verkaufspersonal erfolgt, muss eine schriftliche Dokumentation vorhanden sein, die auf Nachfrage leicht zugänglich ist – zum Beispiel in Form eines Informationsblattes, Rezeptangaben oder Ähnlichem.  In der Verkaufsstätte muss es einen deutlichen Hinweis auf diese Informationsmöglichkeit geben.

Wissenschaftliche Beratung

Dr. Roma Thamm

Robert Koch-Institut

Abteilung Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring

Fachgebiet Körperliche Gesundheit

E-Mail: thammrnoSp@m@rki.de

Quellen:

Die hier aufgeführten Leitlinien und Aufsätze richten sich, so nicht ausdrücklich anders vermerkt, an Fachkreise. .

Letzte Aktualisierung:

19.11.2019