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Nordic Walking in Reha bei Allergie
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Grundlegende Aufgaben und Leistungen einer medizinischen Rehabilitation

Eine medizinische Rehabilitation umfasst zahlreiche Maßnahmen. Sie werden zu Beginn individuell auf die mit dem Patienten getroffenen Therapieziele abgestimmt.

Wissenschaftliche Beratung:

Dr. Heidrun M. Thaiss, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

E-Mail: leitung@bzga.de

Eine medizinische Rehabilitation umfasst zahlreiche Maßnahmen. Sie werden zu Beginn individuell auf die mit dem Patienten getroffenen Therapieziele abgestimmt.

Wissenschaftliche Beratung:

Dr. Heidrun M. Thaiss, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

E-Mail: leitung@bzga.de

Maßnahmen in einer Reha

Zu einer Reha zählen folgende Maßnahmen:

  • Diagnose-Verfahren, die die bisherigen Untersuchungen ergänzen oder aktualisieren. Dazu zählen beispielsweise Lungenfunktionsprüfung oder spezielle Allergietests. Teilweise können diese Tests nur stationär durchgeführt werden, wie Provokationstests auf Nahrungsmittel.
  • Die gemeinsame Erarbeitung eines individuellen Therapieplans gemäß der festgelegten Therapieziele. Zum Beispiel kann bei einem Kind mit Asthma das Ziel sein, die körperliche Leistungsfähigkeit zu steigern, damit es wieder am regulären Schulsport teilnehmen kann.
  • Therapiemaßnahmen wie Sport und Bewegungstherapie, lokale Therapie bei Neurodermitis oder Inhalationen bei Asthma.
  • Patientenschulungen zum Umgang mit der Erkrankung und ihre speziellen Schwierigkeiten. Dazu gehören
    • der Umgang mit Notfallsituationen wie Atemnot,
    • Entspannungsmethoden,
    • psychologisches Training, um die eigene Einstellung zur Erkrankung zu verändern und die Eigenverantwortung zu stärken sowie
    • gesundheitsförderndes Verhalten zu etablieren und somit die Teilhabemöglichkeiten zu stärken.
  • Information und Beratung zu weitergehenden Maßnahmen und Nachsorge, wie zur
    • beruflichen Wiedereingliederung oder
    • Berufswahl bei Jugendlichen mit Allergien.

Kinder- und Jugendreha: Negative Krankheitsspirale stoppen

Oft geht dem allergischen Asthma ein allergischer Schnupfen oder Heuschnupfen (allergische Rhinitis) voraus. Auch andere Allergien, beispielsweise gegen Nahrungsmittel, treten häufig gleichzeitig auf. Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen kann eine allergische Erkrankung oder die Bereitschaft dafür (Disposition) erblich bedingt sein. Oft sind deshalb auch mehrere Familienmitglieder betroffen.

Für Betroffene und deren Familien stellen Mehrfacherkrankungen aus dem allergischen Formenkreis eine besondere Herausforderung dar. Mitunter fehlen ausreichende Therapiemöglichkeiten in der Nähe, die Fehlzeiten in der Schule nehmen zu, das Familienleben ist belastet und gerade bei Neurodermitis entstehen auch unter Gleichaltrigen soziale Spannungen, weil das Hautbild beeinträchtigt ist. Die Lebensqualität sowohl der jungen Patientinnen und Patienten wie auch ihrer Familienmitglieder leidet.

Psychische Belastungen im schulischen und familiären Umfeld können das Krankheitsbild verschlechtern und die Wirksamkeit von Therapien beeinträchtigen. Gerade bei chronischen Haut- und Atemwegserkrankungen besteht die Gefahr, dass sich rasch eine negative Krankheitsspirale entwickelt. Ein mehrwöchiger Aufenthalt in einer für Kinder und Jugendliche spezialisierten Reha-Klinik kann helfen, diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Eine Kinder- und Jugend-Reha dauert in der Regel vier Wochen.

Neurodermitis und Asthma sind unter Kindern weit verbreitet. Laut Ergebnissen der Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen KiGGS, RKI) und der Einschulungsuntersuchungen der Bundesländer leiden aktuell fast neun Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland an Heuschnupfen, gut sieben Prozent an Neurodermitis und etwas mehr als drei Prozent an Asthma.

  • Allergisches Asthma kommt bei Kindern häufiger vor als bei Erwachsenen. Bei etwa der Hälfte aller Kleinkinder verschwindet ein Asthma bronchiale bis zum siebten Lebensjahr oder im Verlauf der Pubertät wieder.
  • Jungen sind häufiger von Heuschnupfen und Asthma betroffen als Mädchen.
  • Insgesamt ist Asthma die häufigste chronische Erkrankung und Neurodermitis die häufigste Hautkrankheit im Kindesalter.

Überbrückungsunterricht und Betreuung während der Reha

In einer stationären Rehabilitation übernimmt ein Team aus Haut-, Lungen- und Kinderarzt:ärztinnen , Kinderkrankenschwestern und -pflegern, Psycholog.innen, Ernährungsfachkräften sowie Physio- und Sporttherapeut.innen die Betreuung der Kinder in altersentsprechenden Gruppen. Damit schulische Unterrichtsinhalte so wenig wie möglich versäumt werden, erhalten Schulkinder sogenannten Überbrückungsunterricht in allen Hauptfächern.

Kinder bis zwölf Jahren können von einem Elternteil begleitet werden, danach ist eine Begleitung im Einzelfall abzuwägen.

Klimatherapie bei Allergien wirksam

Die Klimatherapie mit Aufenthalten am Meer (Thalassotherapie) oder im Gebirge zählt zu den Naturheilverfahren, die vor allem bei Haut- und Atemwegserkrankungen eingesetzt werden. In Deutschland, Frankreich und der Schweiz kennt man die positiven Wirkungen bereits seit dem 19. Jahrhundert.

Die Studienlage zur Wirksamkeit ist nicht eindeutig. Zahlreiche Studien zeigen therapeutische Erfolge bei atopischen Haut- und Atemwegserkrankungen, wie allergischem Asthma, Heuschnupfen und Neurodermitis. Die Verbesserungen halten nicht nur während der Behandlungsdauer, sondern auch längerfristig danach an. Einige Studien kommen zudem zu dem Ergebnis, dass Betroffene nach einer Klimatherapie weniger Medikamente wie Cortison-Creme bei Neurodermitis benötigen. Einen klaren wissenschaftlichen Wirkungsbeleg gibt es jedoch nicht.

Weniger Hausstaubmilben, Schadstoffe und Pollen ab 1600 Höhenmeter

Als günstige Einflüsse im Gebirge gelten Luftreinheit, geringere Luftfeuchtigkeit und stärkere UV-Strahlung. Insbesondere die Hausstaubmilbe mit ihren Ausscheidungen als wichtigem Allergieauslöser und -verstärker kommt ab etwa 1.600 Höhenmetern nicht mehr vor. Das kühle und trockene Gebirgsklima ist milbenfeindlich. Auch die Konzentration von Schadstoffen ist in der Höhe deutlich geringer und in der trockenen Luft kommen weniger Schimmelpilzsporen sowie Pollen vor. In Studien konnte gezeigt werden, dass das Gebirgsklima entzündete Atemwege bei Asthma entlastet und Menschen mit Heuschnupfen symptomfrei werden können. Bei Neurodermitis-Patientinnen und -Patienten ließ die stärkere UV-Strahlung die Ekzeme schneller abheilen. Durch die geringere Luftfeuchtigkeit und damit stärkere Verdunstung an der Hautoberfläche reduzierten sich auch Entzündungen und Juckreiz. Insgesamt verstärken sich die günstigen Umwelteinflüsse in höheren Lagen und beeinflussen das Krankheitsbild damit positiv.

Hohe Luftfeuchtigkeit an der See hilft bei Heuschnupfen und Neurodermitis

Am Meer ist die Luft aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit weniger allergenarm als im Gebirge. Schimmelpilzsporen und Milben kommen vor, dafür kaum Pollen und Luftschadstoffe, was vor allem bei Heuschnupfen entlastet.

Für die Haut und die Schleimhäute sind in erster Linie die hohe Luftfeuchtigkeit, das Salzwasser und die UV-Strahlung heilend. Bei Neurodermitis normalisiert sich die krankheitsbedingt gestörte Durchblutung und verminderte Wärmeleitfähigkeit der Haut.

In mehreren Studien zeigte sich eine messbare Verbesserung des Hautbildes, zum Teil bereits nach nur zwei Wochen Therapie, wobei dieser Effekt auch nach Rückkehr in die häusliche Umgebung noch mehrere Monate anhielt. Nach vierwöchigen Aufenthalten am Toten Meer dauerte die Besserung der Symptome durchschnittlich acht Monate an.

So kann zusammen mit den Therapeut:innen im Einzelfall je nach Krankheitsbild und Schwere der Erkrankung der ideale Aufenthaltsort für eine Rehamaßnahme gefunden werden.

Quellen

Die hier aufgeführten Leitlinien und Aufsätze richten sich, so nicht ausdrücklich anders vermerkt, an Fachkreise. Ein Teil der hier angegebenen Aufsätze ist in englischer Sprache verfasst.

  • Bauer, P. et al.: Langzeiteffekt der stationären Rehabilitation bei Kindern und Jugendlichen mit mittelschwerem und schwerem Asthma bronchiale. In: Pneumologie, 2002, 56(8): 478-485
  • Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) (Hrsg., 2013): Arbeitshilfe für die Rehabilitation von Menschen mit allergischen Hauterkrankungen. ISBN: 978-3-943714-09-8
  • Bundesgesundheitsministerium (Hrsg., 2016): Vorsorge und Rehabilitation (Letzter Abruf: 30.01.2024)
  • Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg.): Forschung in der Rehabilitation.
  • Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Aktionsplan Allergien - Allergieportal. (eingestellt am 31.12.2012)
  • Bundesverband der Pneumologen (Hrsg.): Häufigkeit von Asthma bronchiale (Letzter Abruf: 30.01.2024)
  • Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Rehabilitation und Prävention (Hrsg.): Infoblatt zu einer Reha(bilitation) für Kinder & Jugendliche „Asthma bronchiale“  (Letzter Abruf: 30.01.2024)
  • Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg.): Therapiekonzept, Leistungsspektrum der Dermatologie
  • Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg., 2009): Rahmenkonzept zur medizinischen Rehabilitation in der gesetzlichen Rentenversicherung
  • Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg., 2016): Ambulante Reha
  • Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg., 2020): Medizinische Rehabilitation: Wie sie Ihnen hilft. - 15. Auflage
  • Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg., 2020): Mit Rehabilitation wieder fit für den Job. - 15. Auflage
  • Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg., 2021): Rehabilitation für Kinder und Jugendliche. – 16. Auflage
  • Deutsche Rentenversicherung - Reha für Kinder und Jugendliche (deutsche-rentenversicherung.de)   (Letzter Abruf: 30.01.2024)
  • Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg., 2016): Reha-Therapiestandards für Kinder und Jugendliche mit Asthma bronchiale, Adipositas, Neurodermitis
  • Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg.): Zuzahlung - Wer zahlt was?
  • Eisenmann, A. et al.: S1-Leitlinie Stationäre dermatologische Rehabilitation. AWMF-Leitlinien-Register-Nr. 013-083 (Stand: 01/2020)
  • Fieten, K.B. et al.: Alpine climate treatment of atopic dermatitis: a systematic review. In: Allergie, 2015, 7 (1): 12-25
  • Fischer, P.: Vorsorgekuren und Reha-Maßnahmen bei Allergien, Neurodermitis und Asthma. In: Pädiatrische Allergologie in Klinik und Praxis, 1999, 02: 27-28 (aktualisiert 1/2008)
  • Gemeinsamer Bundesausschuss (Hrsg., 2020): Rehabilitations-Richtlinie
  • Hibbeler, B.: Rehabilitation: Krankenkassen in der Pflicht. In: Dtsch Arztebl 2007; 104(17): A-1136 / B-1014 / C-966
  • Marenholz, I. et al.: Meta-analysis identifies seven susceptibility loci involved in the atopic march. In: Nature Communications, 2015 Nov 6;6:8804
  • Massimo, T. et al.: Does climate therapy at moderate altitudes improve pulmonary function in asthma patients? A systematic review. In: Sleep Breath, 2014, 18 (1): 195 - 206
  • Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (Hrsg., 2018): Begutachtungsanleitung „Vorsorge und Rehabilitation“
  • Schuh, A.: Die Evidenz der Klima- und Thalassotherapie. Ein Review. In: Schweizerische Zeitschrift für Ganzheitsmedizin, 2009, 21(2):96–104 (DOI:10.1159/000287219)
  • Thamm, R. et al.: Allergische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland – Querschnittsergebnisse aus KiGGS Welle 2 und Trends. In: Journal of Health Monitoring, 2018, 3 (3). DOI 10.17886/RKI-GBE-2018-075
  • Wehrmann J. et al.: S1-Leitlinie Dermatologische stationäre Rehabilitation bei atopischer Dermatitis Erwachsener, 2015 (Gültigkeit abgelaufen)
  • Werfel, T. Et al, Diagnostik und Stufentherapie der Neurodermitis. In: Deutsches Ärzteblatt, 2014, 111 (29–30): 509-520

Letzte Aktualisierung:

03.09.2021