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Allergie durch Kleidung
Ivan Kurmyshov - stock.adobe.com

Allergie oder Ekzem durch Kleidung

Juckt die Haut beim oder nach dem Tragen von Kleidung, muss es nicht immer eine Allergie sein: Tatsächlich sind allergische Reaktionen in Form einer Kontaktallergie auf Textilien eher selten.

Wissenschaftliche Beratung:

Dr. Wolfgang Straff, Umweltbundesamt Umweltmedizin und gesundheitliche Bewertung, Fachgebiet II 1.5

E-Mail: wolfgang.straff@uba.de

Prof. Dr. Dr. Andreas Luch, Bundesinstitut für Risikobewertung Leiter der Abteilung Chemikalien- und Produktsicherheit am BfR

E-Mail: Andreas.Luch@bfr.bund.de

Juckt die Haut beim oder nach dem Tragen von Kleidung, muss es nicht immer eine Allergie sein: Tatsächlich sind allergische Reaktionen in Form einer Kontaktallergie auf Textilien eher selten.

Wissenschaftliche Beratung:

Dr. Wolfgang Straff, Umweltbundesamt Umweltmedizin und gesundheitliche Bewertung, Fachgebiet II 1.5

E-Mail: wolfgang.straff@uba.de

Prof. Dr. Dr. Andreas Luch, Bundesinstitut für Risikobewertung Leiter der Abteilung Chemikalien- und Produktsicherheit am BfR

E-Mail: Andreas.Luch@bfr.bund.de

Viel häufiger reagiert vorgeschädigte oder empfindliche Haut auf die mechanische Reizung von gröberen Stofffasern mit einer Hautirritation oder einem Ekzem – in beiden Fällen handelt es sich nicht um eine Allergie. Und falls doch eine Allergie vorliegt, ist es möglich, dass diese gar nicht auf den ersten Blick in Erscheinung tritt: Personen, mit einem positiven Allergietest (Epikutantest, Patchtest) auf Inhaltstoffe wie Farben oder Chemikalien, zeigen teilweise keine Hautreizungen.

Eine Allergie auf Kleidung ist daher nicht ganz einfach zu deuten. Um dennoch einen Überblick zu bekommen, haben wir hier mögliche Allergene sowie Tipps für Kauf und Pflege der Garderobe zusammengestellt.

Grundlagen: Kontaktallergie und Kleidung

Eine allergische Reaktion auf Kleidung nennt man Kontaktallergie. Die Allergie kann gegen zwei Auslöser gerichtet sein: Einerseits gegen die Fasern selbst (beispielsweise gegen Wollstoffe oder Bestandteile von Rohseide) oder aber gegen Materialien, die dem Stoff zugesetzt wurden (Farben und Chemikalien) oder Bestandteil des Kleidungsstücks sind (Reißverschlüsse und Knöpfe).

Farbstoffe sind die häufigsten Auslöser von textilbedingten Allergien. Sie äußern sich in Form eines Kontaktekzems. Dieses tritt nicht sofort auf, sondern erst nach wiederholtem Kontakt – typischerweise nach zwei bis drei Tagen (48 bis 72 Stunden). Kontaktekzeme gehören daher zum so genannten Spättyp allergischer Reaktionen. Treten Hautirritationen schon vorher auf, handelt es sich hierbei um nicht-allergische Hautreizungen.

Vor allem Dispersionsfarbstoffe lösen Kontaktallergien aus. Sie bestehen neben dem Farbstoff aus Binde- und organischen Lösemitteln. Dispersionsfarbstoffe sind zumeist kleine, gut fettlösliche und begrenzt wasserlösliche Moleküle. Sie wurden für Polyester-, Polyamid- und Acrylfasern entwickelt.

Ob ein mit Dispersionsfarbe gefärbter Stoff Allergie-auslösend wirkt oder nicht, hängt davon ab, ob nach neuesten Vorgaben und Technik gefärbt wurde (dann besteht ein geringes Risiko für eine Kontaktallergie) oder veraltete Standards verwendet wurden. Letzteres ist in Deutschland in der Regel nur noch bei minderwertigen Produkten aus dem Internet der Fall. 

Körperwärme und Schweiß können Rückstande von Hilfsmitteln, die bei der Produktion eingesetzt wurden, aus der Kleidung herauslösen und allergische Reaktionen hervorrufen.

Als sinnvolle Präventionsmaßnahme gilt: Kleidung sollte vor dem ersten Tragen gewaschen werden.

Neben chemischen Zusätzen können auch Materialien wie Nickel in Reißverschlüssen und Knöpfen ein allergisches Kontaktekzem hervorrufen. Zu beachten ist, dass bei einigen Personen eine Kontaktallergie mit einem Epikutantest (Patchtest) nachgewiesenen wurde, sie aber dennoch keine äußeren Symptome – also kein Ekzem – nach Kontakt mit dem Allergen zeigen (65 bis 70 Prozent der Getesteten).

Farbstoffe als Allergene in Kleidung

Im Gegensatz zu anderen Branchen wie der Lebensmittelindustrie gibt es für Farbstoffe in Textilien bisher keine Kennzeichnungspflicht.

Seit 2001 empfiehlt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), acht Dispersionsfarbstoffe aufgrund ihrer allergenen Eigenschaften nicht mehr zu verwenden. Diese sind:

  • Blue 1,35, 106,124
  • Yellow 3
  • Orange 3 und 37/76
  • Red1

Diese Empfehlung hat aber für die Hersteller keinen rechtsverbindlichen Charakter. Eine Regelung auf europäischer Ebene ist derzeit in Planung.

Verbraucher:innen können sich beim Kauf eines Kleidungsstücks aufgrund der fehlenden Kennzeichnung kaum über die sogenannte Farbechtheit informieren. Die Farbechtheit sagt aus, wieviel Farbstoff sich aus dem Kleidungsstück lösen kann. Grundsätzlich muss bei schwarzer oder dunkler Kleidung mehr Farbstoff pro Faserfläche verwendet werden. Eine Aussage darüber, wie viel von dem Farbstoff freigesetzt wird, kennzeichnet die Farbechtheit.

Vorbeugung: Farbstoffe mit Allergiepotential in Kleidung vermeiden

Mit folgenden Maßnahmen kann das Gefährdungspotential von Allergenen in Kleidung reduziert werden:

  • Hat man ein bestimmtes Kleidungsstück in Verdacht, für entsprechende Beschwerden verantwortlich zu sein, sollte man es nicht mehr anziehen.
  • Es ist empfehlenswert, neue Kleidungsstücke vor dem Tragen zu waschen, insbesondere, wenn diese direkt auf der Haut getragen werden.
  • Dunkle Kleidung (schwarze, blaue) enthält mehr Farbstoffe als helle Kleidung. Wer sich nicht sicher über die Farbechtheit der Kleidung ist, könnte helle Kleidung bevorzugen.
  • Menschen mit Allergien auf Farbstoffe in der Kleidung sollten auf schwarze Jeans verzichten.
  • Die Anweisung „separat waschen“ auf dem Etikett weist darauf hin, dass beim Waschen Farbstoff freigesetzt werden kann. Bei diesen Textilien können sich die Farbstoffe auch durch Reibung oder Schweiß schnell vom Stoff lösen und gegebenenfalls in die Haut eindringen.
  • Textilien mit starkem Geruch können auf eine Belastung mit Chemikalien hindeuten.
  • Weit geschnittene Kleidung ist aufgrund des geringeren Körperkontakts risikoärmer als enganliegende Kleidung.
  • Das Tragen ungefärbter Kleidung ist die sicherste Maßnahme, sich vor Farbstoffen in Kleidung zu schützen.
  • Gefärbte Kleidung möglichst nicht direkt auf der Haut tragen.

Bei einem Verdacht auf eine Allergie gegen Kleidungsstücke sollte ein Allergietest durchgeführt werden. Hauttests können das auslösende Allergen identifizieren und der Kontakt mit diesem Stoff kann in Folge gemieden werden.

Weitere allergene Stoffe in Kleidungsstücken

  • Nickel ist das häufigste Kontaktallergen. Modeschmuck, aber auch hochwertige Silber- und Goldlegierungen enthalten oft Nickel. In Kleidung kommt das Metall auch in Reißverschlüssen, Gürtelschnallen, Hosen- und Blusenknöpfen vor. Insbesondere im Frisörhandwerk spielt Nickel eine bedeutende Rolle für die Entstehung einer Kontaktallergie. Gesetzliche Grenzwerte legen einen maximalen Höchstwert für die Freisetzung von Nickel aus diesen Materialen fest.
  • Chrom ist auch ein Kontaktallergen. Es befindet sich häufig in Lederprodukten wie Lederschuhen, Lederbändern für Armbanduhren oder Lederhandschuhen. Die sogenannte Chromgerbung ist die wichtigste Art der Gerbung, da einige gewünschte Eigenschaften in den Lederprodukten, nur durch dieses Verfahren erzielt werden können.

    Allergische Reaktionen erfolgen nicht auf Chrom generell, sondern auf das sogenannte 6-wertiges Chrom (Chrom (VI)). Zur Gerbung selbst wird zwar das nicht allergene 3-wertige Chrom (Chrom (III)) verwendet, dieses kann aber während der Produktion und bei ungünstigen Transport- und Lagerbedingungen (Wärme, Licht, Luftfeuchtigkeit) in dasallergieauslösende Chrom (VI) umgewandelt werden. Seit 2015 besteht entsprechend der REACH-Verordnung ein Grenzwert von 3 Milligramm pro Kilogramm Ledermaterial in der Europäischen Union.

  • Formaldehyd wird in der Textilherstellung immer noch häufig eingesetzt, um das Knitterverhalten zu verbessern. Formaldehyd ist als Gefahrstoff mit krebserzeugenden Eigenschaften sowie als bedeutendes Kontaktallergen eingestuft – es gehört zu den 20 häufigsten Kontaktallergenen. Eine Studie in den Jahren 2009 bis 2018 zeigte eine allergische Sensibilisierung von etwa ein Prozent der 70.000 Studienteilnehmer:innen im Epikutantest. Das bedeutet, dass im Untersuchungszeitraum bei circa einer von 100 Personen eine Allergiebereitschaft gegen Formaldehyd nachweisbar war.
  • WaschmittelAuch Waschmittelreste in der Kleidung können Allergien verursachen. Hier hilft es zunächst, weniger Waschmittel einzusetzen. Halten die Symptome an, können spezielle Waschmittel für Allergiker:innen Abhilfe bringen.

Neue Regelungen für besonders gesundheitsschädliche Stoffe

Es hat zwar nicht direkt mit Allergenen zu tun, ist aber für die Gesundheit der Verbraucher:innen wichtig: Die Europäische Kommission hat Ende 2018 Beschränkungen für die Verwendung von 33 sogenannten CMR-Chemikalien in Bekleidung, Schuhen und anderen Textilwaren beschlossen. CMR steht für „cancerogen“ (krebserzeugend), „mutagen“ (erbgutverändernd) und „reprotoxisch“ (fortpflanzungsgefährdend).

Die neuen Vorschriften wurden in die REACH-Verordnung aufgenommen. Die Maßnahmen zielen auf den Schutz vor Kontakt gegenüber CMR-Chemikalien ab, die gesundheitlich oder für die Umwelt problematisch sein können.

REACH: Europäische Chemikalienverordnung

REACH ist eine 2007 in Kraft getretene Europäische Chemikalienverordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe. Sie soll ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und Umwelt sicherstellen und gleichzeitig den freien Verkehr von Chemikalien auf dem Binnenmarkt gewährleisten sowie Wettbewerbsfähigkeit und Innovation fördern. Das Kürzel „REACH“ leitet sich aus dem englischen Titel der Verordnung ab: Regulation concerning the Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of CHemicals. Die ⁠REACH-Verordnung⁠ gilt als eines der strengsten Chemikaliengesetze der Welt.

Keine Kennzeichnungspflicht, aber Label für Bekleidung?

Die mittlerweile große Zahl an Labels für Produktionsstandards in der Textilbranche macht es Verbraucher:innen schwer einen Überblick zu behalten: Je nach Label gibt es unterschiedliche Bewertungskriterien für die Vergabe und nicht immer sorgen unabhängige Prüfstellen für die Einhaltung der jeweiligen Kriterien. Beispielsweise prüfen manche Label in erster Linie ob soziale und ökologische Standards bei der Produktherstellung eingehalten werden, andere hingegen hauptsächlich oder ausschließlich den Gehalt an Schadstoffen im Endprodukt.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung setzt sich schon seit 2012 dafür ein, dass beispielsweise Farben mit allergenen Bestandteilen zumindest deklariert werden sollten. Denkbar wäre hier zum Beispiel ein einfacher QR-Code, der auch alle anderen Gefahrstoffe miteinbezieht.

Firmeneigene Siegel

Generell gilt, dass firmeneigene Siegel keineswegs automatisch von geringerer Qualität sein müssen als firmenunabhängige Siegel – ein unabhängiges Siegel ist keine Garantie dafür, dass strenge Richtlinien eingehalten werden.

Quellen

Die hier aufgeführten Leitlinien und Aufsätze richten sich, so nicht ausdrücklich anders vermerkt, an Fachkreise. Ein Teil der hier angegebenen Aufsätze ist in englischer Sprache verfasst.

Letzte Aktualisierung:
01.06.2022