Zum Hauptinhalt springen
Allergie und Schwangerschaft
serhiibobyk - stock.adobe.com

Schwangerschaft und Allergie - Grundlagen

Mittlerweile leidet fast jede fünfte Schwangere unter Allergien. Das kann sich auch auf die Schwangerschaft auswirken.

Wissenschaftliche Beratung:

Dr. Katja Nemat, Ärzteverband Deutscher Allergologen (AeDA)
c/o Kinderzentrum Dresden-Friedrichstadt

E-Mail: kinderpneumologie@kid-dresden.de

Mittlerweile leidet fast jede fünfte Schwangere unter Allergien. Das kann sich auch auf die Schwangerschaft auswirken.

Wissenschaftliche Beratung:

Dr. Katja Nemat, Ärzteverband Deutscher Allergologen (AeDA)
c/o Kinderzentrum Dresden-Friedrichstadt

E-Mail: kinderpneumologie@kid-dresden.de

Unter anderem folgende allergische Erkrankungen können auch während der Schwangerschaft eine Rolle spielen: 

Heuschnupfen oder Schnupfen in der Schwangerschaft?

Etwa jede fünfte werdende Mutter leidet unter Schnupfen (Rhinitis). Jedoch verbirgt sich dahinter nicht immer eine Allergie: Erhöhte Konzentrationen des weiblichen Geschlechtshormons Östrogen im Blut fördern die Durchblutung. Dies kann die Ursache einer dauerhaft verstopften Nase in der Schwangerschaft sein, in der Fachsprache auch schwangerschaftsbedingte Rhinitis, Rhinopathia gravidarum, genannt. Der sogenannte Stockschnupfen ist aber auch das typische Symptom einer ganzjährigen allergischen Rhinitis, zum Beispiel durch Hausstaubmilben, oder einer saisonalen Allergie gegen Pollen (Heuschnupfen).

Da beide Arten von Schnupfen in der Schwangerschaft unterschiedlich behandelt werden, ist es wichtig, der genauen Ursache auf den Grund zu gehen. Hierbei sollte der aktuelle Pollenflug berücksichtigt werden sowie die Vorgeschichte allergischer Erkrankungen oder Beschwerden. In den meisten Fällen tritt Heuschnupfen in der Schwangerschaft nicht zum ersten Mal auf. Dennoch ist es möglich, dass die Symptome in dieser Zeit erstmals bemerkt werden oder sich verschlechtern.

Allgemeine Informationen zu Heuschnupfen außerhalb der Schwangerschaft

Neurodermitis in der Schwangerschaft

Die hormonelle Umstellung in der Schwangerschaft kann eine ganze Reihe von normalen Veränderungen der Haut, Haare, Nägel und Hautdrüsen mit sich bringen. Dazu gehören zum Beispiel:

  • verstärkte Pigmentierung der Haut
  • Pickel (Schwangerschaftsakne, Acne gravidarum)
  • sichtbar vergrößerte Blutgefäße
  • vermehrtes Haarwachstum
  • Beeinträchtigungen des Nagelwachstums (Furchenbildung, erhöhte Brüchigkeit)

Darüber hinaus gibt es verschiedene Hauterkrankungen, die ausschließlich in der Schwangerschaft auftreten, sogenannte Schwangerschaftsdermatosen. Diese zeigen teilweise Symptome ähnlich einer Neurodermitis (atopisches Ekzem). Sie können damit verwechselt werden, falls die Erkrankung in der Schwangerschaft erstmals auftritt oder vorher viele Jahre inaktiv war. Echte Schwangerschaftsdermatosen verschwinden nach der Geburt wieder, eine neu entwickelte Neurodermitis würde weiterhin schubweise auftreten.

Oft bessert sich eine bestehende Neurodermitis in der Schwangerschaft

Besteht schon vorab eine Neurodermitis, so bessert sich diese in der Schwangerschaft bei etwa jeder zweiten Frau. Bei schweren Verlaufsformen treten allerdings auch während der Schwangerschaft häufig Krankheitsschübe auf, die veränderte Hormonlage kann Krankheitsschübe sogar begünstigen. Etwa jede fünfte Schwangere mit Neurodermitis leidet unter einer solchen Verschlechterung des Hautbildes. Eine weitere Besonderheit der Neurodermitis tritt erst nach der Geburt auf: Junge Mütter entwickeln häufig ein Handekzem, das sich in dieser Zeit das erste Mal zeigt oder verschlechtert. Die Ursache dafür könnte sein, dass die Haut in der Elternzeit besonders beansprucht wird, etwa beim Windeln wechseln, Waschen und Abspülen. Daher sollten Mütter mit Neurodermitis bei solchen Tätigkeiten vermehrt auf Hautschutzmaßnahmen achten.

Allgemeine Informationen zu Neurodermitis außerhalb der Schwangerschaft

Asthma in der Schwangerschaft

Erschwerte Atmung oder Luftnot sind in der Schwangerschaft keine Seltenheit – im Gegenteil: Bis zu zwei Drittel der werdenden Mütter berichten, dass sie schlechter Luft bekommen als vor der Schwangerschaft. Dahinter verbirgt sich jedoch nicht immer ein Asthma bronchiale. Die körperlichen Veränderungen in der Schwangerschaft begünstigen Atembeschwerden:

  • Durch hormonelle Einflüsse schwellen oft die Nasenschleimhäute an, was zu einer erschwerten Atmung, zu häufigerem Nasenbluten oder Niesanfällen beitragen kann.
  • Auch die unteren Atemwege werden durch die Schwangerschaftshormone stärker durchblutet, was ebenfalls ein Anschwellen der Schleimhäute begünstigt. In Verbindung mit einer vermehrten Sekretbildung kann dadurch Atemnot in der Schwangerschaft auftreten.
  • Je weiter die Schwangerschaft fortschreitet und das Baby wächst, umso mehr dehnt sich die Gebärmutter aus. Sie verdrängt die anderen Organe, das Zwerchfell verschiebt sich nach oben und drückt auf die Lunge. Für eine vertiefte Atmung  steht daher nicht mehr genügend Lungenvolumen zur Verfügung. Es kommt bei Anstrengung daher schnell zu Kurzatmigkeit. Die Atmung wird unwillkürlich beschleunigt, um die verminderte Lungenkapazität auszugleichen.

Engmaschige Kontrolle der Asthma-Symptome ratsam

Wie ein vorbestehendes Asthma bronchiale in der Schwangerschaft verläuft, lässt sich kaum vorhersagen: Bei jeweils etwa einem Drittel der betroffenen Frauen bessern sich die Symptome, verschlechtern sich oder bleiben gleich. Bei unkontrolliertem Asthma können jederzeit Verschlechterungen auftreten. Besonders gegen Ende des zweiten Schwangerschaftsdrittels (Trimesters) verschlechtert sich das Asthma häufiger. Dies hängt auch mit den oben beschriebenen körperlichen Veränderungen in der Schwangerschaft zusammen.

Besteht bei einer Frau ein Asthma bronchiale, so ist in der Schwangerschaft eine engmaschige Beobachtung und gegebenenfalls Anpassung der Therapie besonders wichtig. Unkontrolliertes Asthma kann sich ungünstig auf den Schwangerschaftsverlauf und die Entwicklung des Kindes auswirken. Die Asthma-Leitlinien empfehlen, dass die Asthma-Verlaufskontrolle im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen während der Schwangerschaft stattfinden soll. Besonders wenn sich das Asthma schlecht einstellen lässt, sollen Frauen- und Lungenfachärzte die Behandlung koordinieren.

Konsequenzen von unkontrolliertem Asthma in der Schwangerschaft

Nicht ausreichend behandeltes (unkontrolliertes) Asthma kann die Wahrscheinlichkeit verschiedener Komplikationen für Mutter und Kind erhöhen, darunter:

  • Präeklampsie, eine Erkrankung, die sich durch einen erhöhten Blutdruck (Hypertonie), eine vermehrte Eiweißausscheidung über den Urin (Proteinurie) und Wassereinlagerungen (Ödeme) bemerkbar macht
  • Blutungen
  • Ablösung des Mutterkuchens (Plazentaablösung)
  • Wachstumsverzögerungen des Kindes im Mutterleib/geringes Geburtsgewicht
  • Frühgeburt

Bei gut kontrolliertem Asthma während der gesamten Schwangerschaft sind dagegen keine negativen Auswirkungen auf das Kind zu erwarten. Eine konsequente, auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmte Behandlung ist daher für werdende Mütter besonders entscheidend. Die Risiken einer unzureichenden Asthma-Kontrolle in der Schwangerschaft sind deutlich höher als das Risiko von Nebenwirkungen durch die Asthma-Therapie.

Akuter Asthmaanfall in der Schwangerschaft

Bei einem akuten Asthmaanfall sollen Schwangere ihre gewohnten Medikamente einnehmen. Um Komplikationen zu vermeiden, raten Experten den Frauen jedoch folgendes: Auch wenn die Selbstbehandlung erfolgreich war, sollten sie sich als Notfall im Krankenhaus vorstellen. So wird der Zustand des Kindes und der werdenden Mutter garantiert richtig beurteilt und bei Bedarf auch überwacht. Gegebenenfalls erhält die Schwangere Sauerstoff, damit das Kind ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird.

Allgemeine Informationen zu Asthma außerhalb der Schwangerschaft

Urtikaria (Nesselsucht) in der Schwangerschaft

Urtikaria oder Nesselsucht sind Oberbegriffe für Krankheitsbilder, die sich durch Quaddeln und/oder Angioödeme (Schwellungen tieferer Hautschichten und Schleimhäute, häufig im Gesicht oder an den Händen) äußern. Die Auslöser von Symptomen sind vielfältig: Zum Beispiel gibt es Urtikaria-Formen, die durch äußere Einflüsse wie Licht, Druck, Kälte oder Wärme ausgelöst werden (sogenannte physikalische Urtikaria). Im Gegensatz hierzu tritt die sogenannte spontane Urtikaria ohne einen erkennbaren äußeren Reiz auf. Ärzte unterscheiden zwei Unterformen der spontanen Urtikaria:

  • Bei der akuten Form verschwinden die Symptome innerhalb von einigen Tagen, mindestens innerhalb von sechs Wochen - wieder.
  • Die chronische spontane Nesselsucht dauert länger als sechs Wochen an.

Es gibt unterschiedliche Beobachtungen, wie sich die Urtikaria während der Schwangerschaft entwickelt. Die chronische Form bessert sich oft. Die Schwangerschaftshormone können aber auch eine Verschlechterung verursachen, besonders bei den Schwellungen, die als sehr belastend empfunden werden.

Quellen

Die hier aufgeführten Leitlinien und Aufsätze richten sich, so nicht ausdrücklich anders vermerkt, an Fachkreise. Ein Teil der hier angegebenen Aufsätze ist in englischer Sprache verfasst.

  • Ambros-Rudolph, CM., Sticherling, M.: Spezifische Schwangerschaftsdermatosen. In: Hautarzt, 2017, 68: 87-94
  • Bundesärztekammer et al.: Nationale VersorgungsLeitlinie Asthma (in Überarbeitung) (Letzter Abruf: 18.01.2024)
  • Chi CC. et al.: Safety of topical corticosteroids in pregnancy. In: Cochrane Database of Systematic Reviews, 2015, 10. Art. No.: CD007346. DOI: 10.1002/14651858.CD007346.pub3
  • Constantine, MM.: Physiologic and pharmacokinetic changes in pregnancy. In: Frontiers in Pharmacology, 2014, 5: 65, doi: 10.3389/fphar.2014.00065
  • Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin et al.: S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Patienten mit Asthma (Letzter Abruf: 18.01.2024)
  • Gonzalez-Estrada, A. et al.: Allergy Medication During Pregnancy. In: Am J Med Sci, 2016, 352(3): 326-331
  • Grieger, JA. et al.: In utero Programming of Allergic Susceptibility. In: Int Arch Allergy Immunol, 2016, 169: 80-92
  • Mor, G. et al.: The unique immunological and microbial aspects of pregnancy. In: Nature Reviews, 2017, 17: 469-482
  • Namazy, JA. et al.: The Treatment of Allergic Respiratory Disease During Pregnancy. In: J Investig Allergol Clin Immunol, 2016, 26(1): 1-7
  • Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryotoxikologie der  Charité-Universitätsmedizin Berlin: Allergie (Letzter Abruf: 18.01.2024)
  • Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryotoxikologie der  Charité-Universitätsmedizin Berlin: Arzneimittel (Letzter Abruf: 18.01.2024)
  • Pali-Schöll, I. et al.: Allergic diseases and asthma in pregnancy, a secondary publication. In: World Allergy Organ J, 2017, 10(1):10
  • Pitsios, C. et al.: Clinical contraindications to allergen immunotherapy: an EAACI position paper. In: Allergy, 2015, 70: 897-909
  • Ring, J. et al.: S2-Leitlinie zu Akuttherapie und Management der Anaphylaxie. In: Allergo J Int, 2014, 23: 96-112
  • Rote Liste – Arzneimittelverzeichnis Deutschland (Hrsg.): Arzneimittel in Schwangerschaft und Stillzeit, Beratungsstellen
  • Schäfer, T. et al.: S3-Leitlinie Allergieprävention – Update 2014. In: Allergo J Int, 2014, 23: 186-199
  • Simons, FER. et al.: Anaphylaxis during pregnancy. In: J Allergy Clin Immunol, 2012, 130: 597-606
  • Trautmann, A., Kleine-Tebbe, J. (2013): Allergologie in Klinik und Praxis; Allergene – Diagnostik – Therapie. -2., vollständig überarbeitete und erweiterte Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, ISBN: 978-3-13-142182-1
  • Zuberbier, T. et al.: The EAACI/GA²LEN/EDF/WAO Guideline for the Definition, Classification, Diagnosis and Management of Urticaria. The 2017 Revision and Update. In: Allergy 2018; 73(7):1393-1414

Letzte Aktualisierung:

10.09.2018