Erbrechen bei Kleinkindern kann allergisch verursacht sein
Das Krankheitsbild steckt noch voller Rätsel, aber Kinderärzte sehen es im Wartezimmer: Nahrungsprotein-induziertes Enterocolitis-Syndrom heißt eine Lebensmittelallergie, die bei Babys und Kleinkindern auftreten kann. Auf einer Fachtagung der Deutschen Gesellschaft für Allergie und Klinische Immunologie (DAGKI) in Berlin berichteten Experten Anfang Januar über ihre Erfahrungen.
An Allergien denken zunächst die wenigsten, wenn ein wenige Monate altes Baby sich Stunden nach einer Mahlzeit heftig übergibt. Hautausschläge und Atemnot treten nicht auf, doch kann es zu anaphylaktischen Reaktionen wie einem Blutdruckabfall oder dem Absinken der Körpertemperatur kommen. Die Diagnose des Nahrungsprotein-induzierten Enterocolitis-Syndroms (food protein-induced enterocolitis syndrome, FPIES) ist schwierig, denn Pricktests sind in der Regel negativ und spezifisches Immunglobulin E findet sich bei den meisten betroffenen Kindern ebenfalls nicht. Zur Häufigkeit gibt es nur wenige Untersuchungen. Ein Forscherteam diagnostizierte bei drei von tausend Babys an einer einzigen Kinderklinik eine FPIES-Erkrankung.
Wichtige FPIES-Symptome
Experten raten, sich bei der Diagnose zunächst auf die Krankengeschichte zu stützen. Tritt heftiges Erbrechen, gefolgt von Blässe, Lethargie und Durchfall, mehrmals eine bis vier Stunden nach Konsum des gleichen Lebensmittels auf, kann ein FPIES vorliegen. Gewissheit bringt erst ein Provokationstest mit dem „verdächtigen“ Lebensmittel. Bei Babys und Kleinkindern ist das meist Milch, gefolgt von Soja. Aber auch eine Reihe fester Nahrungsmittel können ein FPIES auslösen. Dazu zählen zum Beispiel:
· Reis
· Hafer
· Gerste
· Weizen
· Hühner-, Rind- oder Lammfleisch
· Süßkartoffeln
· Hühnerei
· Erbsen
Die Kinder, die auf diese Lebensmittel reagieren, sind meist etwas älter als beim Kuhmilch- oder Soja-FPIES.
Meist tritt FPIES erstmals zwischen dem 6. und 12. Lebensmonat auf. Aber auch bei Erwachsenen gibt es die Krankheit. Bei ihnen ist häufig Fisch verantwortlich, insbesondere Schellfisch.
Die meisten Kinder reagieren nur auf ein Lebensmittel, manche aber auch auf zwei oder mehrere. Kuhmilch- und Soja-FPIES können gemeinsam auftreten. Welche Mechanismen im Körper ablaufen, ist noch nicht vollständig geklärt. Es wird vermutet, dass eine Aktivierung spezifischer T-Zellen stattfindet.
FPIES klingt von selbst ab
Kinder mit FPIES entwickeln meist von selbst eine Toleranz gegen das ursprünglich nicht vertragene Lebensmittel. Bei Kuhmilch und Soja setzt die Toleranz in der Regel bereits zwischen dem Ende des ersten und dem dritten Lebensjahr ein. Ein FPIES gegen feste Nahrungsmittel dauert länger. Es klingt meist erst zwischen dem dritten und dem vierten Lebensjahr ab. In der Zwischenzeit kann die behandelnde Ärztin beziehungsweise der Arzt den Wirkstoff Ondansetron gegen den mit FPIES verbundenen Brechreiz verschreiben.
Eltern sollten das verantwortliche Nahrungsmittel – auch in verarbeiteter Form – in der Ernährung ihrer Kinder meiden. Bei gestillten Kindern ist es nach Ansicht der Experten nicht notwendig, dass die Mütter auf diese Lebensmittel verzichten, solange das Kind gedeiht und keine Symptome zeigt. Die Wiedereinführung der gemiedenen Nahrungsmittel in den Speiseplan sollte nur unter ärztlicher Aufsicht stattfinden, denn falls das FPIES noch nicht ausgeheilt ist, kann unter anderem ein plötzlicher Blutdruckabfall auftreten.
Quellen:
Nowak-Wegrzyn, A. et al.: International consensus guidelines for the diagnosis and management of food protein–induced enterocolitis syndrome: Executive summary—Workgroup Report of the Adverse Reactions to Foods Committee, American Academy of Allergy, Asthma & Immunology. In: J Allergy Clin Immunol 2017; 139 (4): 1111-1126
Caubet, J. et al.: Clinical features and resolution of food protein–induced enterocolitis syndrome: 10-year experience. In: J Allergy Clin Immunol 2014; 134: 382-9
Katz, Y. et al.: The prevalence and natural course of food protein–induced enterocolitis syndrome to cow’s milk: A large-scale,prospective population-based study. In: J Allergy Clin Immunol 2011; 127: 647-53