Hauttests zur Allergie-Diagnose
Der nächste Schritt in der Allergiediagnostik nach der Anamnese ist häufig ein Hauttest.
Wissenschaftliche Beratung:
Prof. Dr. Jörg Kleine-Tebbe († 05.01.2023)
Der nächste Schritt in der Allergiediagnostik nach der Anamnese ist häufig ein Hauttest
Wissenschaftliche Beratung:
Prof. Dr. Jörg Kleine-Tebbe, Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e.V.
Allergie- und Asthma-Zentrum Westend
Arten von Hauttests zur Allergie-Diagnose
In Abhängigkeit von der Art der (vermuteten) allergischen Reaktion unterscheidet man im Wesentlichen zwei Gruppen von Hauttests:
- Abklärung von Soforttyp-Allergien (Typ I), deren Symptome rasch innerhalb von Minuten oder maximal zwei Stunden auftreten: zumeist mittels Pricktest, seltener Intrakutan- oder Reibtest
- Abklärung von Kontaktallergien oder Spättypallergien (Typ IV), bei denen sich die Symptome frühestens nach vielen Stunden, eher nach ein bis zwei Tagen bemerkbar machen: Epikutantest
Wie werden Allergie-Hauttests durchgeführt?
Für die Hauttests werden in der Regel kommerziell erhältliche Testlösungen verwendet, die sich zur Diagnostik bewährt haben. Manche Stoffe, beispielsweise Nahrungsmittel oder Kosmetika können auch direkt (nativ) an der Haut getestet werden.
Bei akuten Hautveränderungen können Hauttests in der Regel nicht durchgeführt werden. Ähnliches gilt bei Verdacht auf eine Soforttyp-Allergie, wenn die zu testende Person Medikamente gegen Allergien, insbesondere Antihistaminika innerlich einnimmt. Erst nach einigen Tagen Einnahmepause macht ein Hauttest wieder Sinn.
Der Pricktest
Der Pricktest (von englisch „to prick“ = stechen) ist der Standardtest bei Verdacht auf Allergien vom Soforttyp (Typ I). Dazu zählen
- allergischer Schnupfen (allergische Rhinitis),
- allergisches Asthma bronchiale,
- Nahrungsmittelallergien oder
- Insektengiftallergien.
Beim Pricktest werden kleine Tropfen von Allergenlösungen auf die Haut (am Unterarm oder Rücken) aufgetragen. Anschließend wird mit einer Nadel oder Lanzette oberflächlich durch den Tropfen in die Haut gestochen. Nach 15 bis 20 Minuten kann das Ergebnis abgelesen werden.
- Der Pricktest gibt Hinweise auf eine Allergie vom Soforttyp, das heißt er zeigt eine erhöhte Allergiebereitschaft (Sensibilisierung) gegenüber Allergenen aus der Luft, Insektengift oder Nahrungsmitteln an.
- Eine „positive“, das heißt allergische Reaktion der Haut zeigt sich innerhalb weniger Minuten in Form einer Rötung und einer Quaddel (juckende, rundliche Hauterhebung) rund um die Einstichstelle.
- Anhand der Größe dieser Quaddel wird das Ausmaß der Reaktion bestimmt und der Durchmesser (in Millimeter) auf dem Testbogen festgehalten.
- Quaddeln ab 3 mm Durchmesser zeigen eine erhöhte Allergiebereitschaft an, der Fachbegriff lautet "Sensibilisierung".
- Nur bei zughörigen Symptomen spricht man von Allergie.
Zu jedem Test gehören zwei Kontrollen: eine Positivkontrolle mit Histamin, die in jedem Fall eine positive Reaktion auslösen sollte, und eine Negativkontrolle mit einer dem Körper angepassten (physiologischen) Kochsalzlösung, bei der es normalerweise zu keiner positiven Reaktion kommen darf. Diese Kontrollen verraten, ob der Test grundsätzlich auswertbar ist, und sind wichtig zum Vergleich mit den übrigen Testreaktionen.
Prick-Prick-Test - eine Unterform des Pricktests
Eine Abwandlung ist der sogenannte Prick-Prick ("prick-to-prick")-Test: Hierbei wird keine fertige Testlösung verwendet, sondern der vermutlich Allergie-auslösende Stoff selbst. Man spricht auch von einem „nativen“ (natürlich beschaffenen) Allergen. Zumeist handelt es sich um Lebensmittel (z. B. rohes Obst). Dabei wird die Pricknadel zuerst in das zu testende Lebensmittel eingestochen und anschließend in die Haut geprickt.
Der Intrakutantest
Etwas aufwändiger, aber empfindlicher als der Pricktest ist der Intrakutantest. Dabei wird die Testlösung mit einer feinen Kanüle oberflächlich in die Haut gespritzt (genau genommen in die Lederhaut, d.h. die mittlere Hautschicht). Wie beim Pricktest wird das Ergebnis nach 20 Minuten abgelesen.
Die aufwändige und kostspielige Herstellung und Kontrolle der Testlösungen hat die Hersteller veranlasst, in den letzten Jahren viele Präparate vom Markt zu nehmen. Somit wird der Intrakutantest nur noch bei bestimmten Fragestellungen durchgeführt, beispielsweise bei Verdacht auf Insektengiftallergie, oder wenn der Pricktest (z. B. mit Medikamenten) kein eindeutiges Ergebnis liefert.
Insbesondere zur Abklärung einer Insektengiftallergie wird die Testlösung oft in unterschiedlichen Verdünnungsstufen eingesetzt, wobei man die Allergenkonzentrationen schrittweise steigert.
Der Reibtest
Manchmal kann alleine der Kontakt der Haut mit einem allergenhaltigen Stoff ausreichen, um eine Reaktion auszulösen. Um dies zu überprüfen, wird der verdächtige Stoff in die Haut eingerieben, damit er über die Haarwurzeln eindringen kann. Die Hautreaktion wird nach 20 Minuten beurteilt.
Der Epikutantest
Der Epikutantest, auch als „Pflastertest“ bezeichnet, dient zur Abklärung einer Kontaktallergie (z. B. Nickelallergie). Diese entsteht durch direkten, längeren Hautkontakt mit dem auslösenden Stoff. Es handelt sich um eine allergische Reaktion vom Spättyp (Typ IV).
- Beim Epikutantest werden zumeist auf den Rücken spezielle Pflaster aufgeklebt, die die Testsubstanzen - meist in Vaseline verdünnt - in kleinen Aluminiumkammern enthalten.
- Die Pflaster müssen in der Regel ein bis zwei Tage auf der Haut verbleiben.
- Die erste Ablesung erfolgt bei Abnahme des Pflasters.
- Das endgültige Testergebnis wird erst ein bis zwei Tage nach Abnahme des Pflasters abgelesen, da die Reaktionszeit bei der Spättyp-Allergie bis zu 72 Stunden oder länger beträgt.
- Für den Epikutantest stehen standardisierte Testsubstanzen zur Verfügung, die in Gruppen (Testreihen) zusammengefasst werden.
- Dabei gibt es eine so genannte Standardreihe mit den häufigsten Allergenen.
- Diese werden üblicherweise bei allen Patienten mit Verdacht auf Kontaktallergie getestet.
- In Ergänzung dazu stehen spezielle Testreihen zur Verfügung, die Allergene zu bestimmten Berufsgruppen (z. B Stoffe aus dem Friseurhandwerk, Baugewerbe oder medizinischen Bereich) oder gewissen Produkten (z. B. Kosmetika, Arzneimittel) enthalten.
- Die Zusammensetzung dieser Testreihen wird von Experten der Deutschen Kontaktallergie-Gruppe (DKG), die über viel Erfahrung auf diesem Gebiet verfügen, festgelegt und immer wieder neu angepasst.
Darüber hinaus kann es manchmal notwendig sein, verdächtige Stoffe aus dem Alltag der Betroffenen (z. B. Hautpflegeprodukte, Arbeitsmaterialien) zu testen, die nicht als kommerzielle Testpräparation erhältlich sind. Solche von der Patientin/vom Patienten mitgebrachten Stoffe werden dann in der Praxis für den Epikutantest aufbereitet, wobei besonders „aggressive“ Stoffe verdünnt oder zunächst neutralisiert werden müssen.
Der Photo-Patch-Test
Als Sonderform des Epikutantests dient der Photo-Patch-Test zur Abklärung einer Photokontaktallergie. Hierbei handelt es sich um eine Kontaktallergie, die durch zusätzliche Einwirkung von ultraviolettem (UV-)Licht entsteht.
Bei dem Test wird das Allergen auf die Haut aufgetragen, wo es für zirka 24 Stunden verbleibt. Anschließend wird das Testareal mit einem bestimmten Spektrum des UV-Lichts (UVA) bestrahlt.
Die Ablesung erfolgt nach zwei bis fünf Tagen sowie nochmals nach sieben Tagen, da photoallergische Reaktionen deutlich verzögert auftreten können.
Quellen
Die hier aufgeführten Leitlinien und Aufsätze richten sich, so nicht ausdrücklich anders vermerkt, an Fachkreise. Ein Teil der hier angegebenen Aufsätze ist in englischer Sprache verfasst.
- Biedermann, T. et al. (Hrsg., 2016): Allergologie. Springer, Berlin/Heidelberg, 2. Aufl., ISBN9783642372025
- Brockow K et al.: S2k-Leitlinie Allergologische Diagnostik von Überempfindlichkeitsreaktionen auf Arzneimittel. In: Allergo J Int 2015; 24: 95 (Letzter Abruf: 30.07.2018)
- Deutsche Dermatologische Gesellschaft et al. (Hrsg.): S1-Leitlinie Durchführung des Epikutantests mit Kontakt-Allergenen. In: AWMF-Leitlinien-Register Nr. 013/018 (Gültigkeit abgelaufen)
- Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI, Hrsg.) et al.: S1-Leitlinie In-vitro-Allergiediagnostik. In: AWMF-Leitlinien-Register Nr. 061/017 (Gültigkeit abgelaufen)
- EAACI Molecular Allergology Users's Guide 2016
- Henzgen, M et al.: S1-Leitlinie Hauttestungen mit Nahrungsmittelallergenen (PDF). In: Allergo Journal 2008; 17: 401–6 (Letzter Abruf: 30.07.2018)
- Kleine-Tebbe, J., Jakob Thilo (Hrsg.): Molekulare Allergiediagnostik. Springer Verlag 2015
- Trautmann, A., Kleine-Tebbe, J. (2013): Allergologie in Klinik und Praxis. Thieme. Allergene – Diagnostik – Therapie. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 2. Aufl., ISBN 978-3-13-142182-1
- Przybilla B et al.: Leitlinie Diagnose und Therapie der Bienen- und Wespengiftallergie. In: Allergo J 2011; 20: 318-339. Entwicklungsstufe S2, AWMF-Leitlinien-Register N. 061/020 (Gültigkeit abgelaufen)
Letzte Aktualisierung: 28.01.2019