Prävention: Nahrungsmittelallergien vorbeugen
Lässt sich verhindern, dass allergische Erkrankungen beim Nachwuchs auftreten? Diese Frage beschäftigt viele Eltern, vor allem wenn bereits enge Familienmitglieder betroffen sind.
Wissenschaftliche Beratung:
Prof. Dr. Margitta Worm, Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e.V.
c/o Klinik für Dermatologie, Allergologie und Venerologie, Allergie-Centrum-Charité
E-Mail: margitta.worm@charite.de
Dr. Imke Reese, Deutsche Gesellschaft für Alleroglogie und Immunologie, AG Nahrungsmittelallergie
c/o Ernährung & Allergologie, München
E-Mail: info@ernaehrung-allergologie.de
Lässt sich verhindern, dass allergische Erkrankungen beim Nachwuchs auftreten? Diese Frage beschäftigt viele Eltern, vor allem wenn bereits enge Familienmitglieder betroffen sind.
Wissenschaftliche Beratung:
Prof. Dr. Margitta Worm, Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e.V.
c/o Klinik für Dermatologie, Allergologie und Venerologie, Allergie-Centrum-Charité
E-Mail: margitta.worm@charite.de
Dr. Imke Reese, Deutsche Gesellschaft für Alleroglogie und Immunologie, AG Nahrungsmittelallergie
c/o Ernährung & Allergologie, München
E-Mail: info@ernaehrung-allergologie.de
In der Schwangerschaft beginnt die Vorbeugung
Obwohl es nach wie vor keine wirksamen Maßnahmen gibt, eine allergische Erkrankung sicher zu verhindern, gibt es Empfehlungen, die darauf abzielen, die Toleranzentwicklung beim Nachwuchs von Anfang an zu stärken. Das beginnt bereits vor der Geburt eines Kindes. Dabei gilt: kein vorauseilender Verzicht in der Schwangerschaft. Im Gegenteil: Der Schwangeren wird geraten, sich möglichst vielfältig zu ernähren. Doch trotz vielfältiger Ernährung ist der Bedarf nicht zwangsläufig für alle Nährstoffe gedeckt.
Untersuchungen zeigen, dass eine Unterversorgung mit den langkettigen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA das Risiko für allergische Erkrankungen, insbesondere Atemwegserkrankungen, erhöht. Folglich kann es sinnvoll sein, in der Schwangerschaft den HS-Omega-3-Index® festzustellen, um entsprechend ergänzen zu können.
Nach der Geburt
Die Nationale Stillkommission und die aktuelle Leitlinie für Allergieprävention empfehlen, vier bis sechs Monate nach der Geburt ausschließlich zu stillen und auch mit der Einführung von Beikost weiterzustillen. Möchte die Mutter stillen, sollte das Neugeborene laut Leitlinie in den ersten Lebenstagen keine kuhmilchbasierte Formulanahrung erhalten. Damit lässt sich der Kontakt zu einem häufigen Allergen (Kuhmilch) verhindern, das dann unter der Vollstillzeit nicht gegeben wird.
Die Leitlinien empfehlen, ab Beginn des fünften Lebensmonats und spätestens ab dem siebten Monat schrittweise zuzufüttern. Durch einen vielfältigen Speiseplan sollen Babys nach und nach an möglichst viele Nahrungsmittel, die in der Familie gegessen werden, herangeführt werden.
Babys Speiseplan kann zur Allergie-Vorbeugung beitragen
Um den Bedarf des Babys sinnvoll zu decken, wird empfohlen, sich an dem Ernährungsplan für das erste Lebensjahr des Forschungsdepartments Kinderernährung am Universitätsklinikum Bochum orientieren. Eine Meidung häufiger kindlicher Allergieauslöser wird nicht empfohlen – auch nicht bei allergiegefährdeten Kindern. Dies gilt natürlich nur, solange keine Beschwerden beim Verzehr bestimmter Lebensmittel auftreten.
Um einer Hühnereiallergie vorzubeugen, wird in der aktuellen Leitlinie allerdings empfohlen, durcherhitztes (z. B. verbackenes oder hartgekochtes), aber kein „rohes“ Hühnerei (auch kein Rührei) mit der Beikost einzuführen und regelmäßig zu geben. Diese Empfehlung gilt für alle Säuglinge.
Darüber hinaus gibt es eine Empfehlung für Säuglinge, die ein erhöhtes Risiko haben, eine Erdnussallergie zu entwickeln: dieses liegt dann vor, wenn der Säugling unter Neurodermitis leidet UND Erdnüsse in der Familie zum Speiseplan gehören. Denn die gestörte Hautbarriere macht es möglich, dass sich das Immunsystem über die Haut gegen Erdnuss sensibilisiert. Dem möchte man zuvorkommen, indem man frühzeitig Erdnuss einführt. Deshalb wird bei solchen Risikokindern empfohlen, Erdnussprodukte in altersgerechter Form (z.B. Erdnussbutter) als Beikost einzuführen und regelmäßig weiterzugeben. Bei mittelschwerer bis schwerer Neurodermitis sollte eine Erdnussallergie zuvor ausgeschlossen worden sein.
Forschende finden zudem immer mehr Hinweise darauf, dass die Zusammensetzung der Darmbakterien ein wichtiger Einflussfaktor hinsichtlich der Entwicklung allergischer Erkrankungen wie einer Nahrungsmittelallergie ist. Allerdings ist hier noch mehr Forschung nötig, bevor dieses Wissen möglicherweise in der Prävention angewandt werden kann. Präbiotika und/oder Probiotika werden aber derzeit weder den Schwangeren noch den Säuglingen zur Vorbeugung von Allergien empfohlen.
Weitere Maßnahmen zur Allergie-Vorbeugung
Wichtig ist, dass Schwangere nicht rauchen und sich nicht in Räumen aufhalten, in denen geraucht wird oder wurde. Bestehen in einer Familie bereits Allergien, sollten keine Katzen als Haustiere angeschafft werden. Ein Abschaffen einer vorhandenen Katze wird dagegen nicht mehr empfohlen. Soweit möglich sollten Schwangere starke Belastungen durch Luftschadstoffe und Schimmelbildung meiden.
Quellen
Die hier aufgeführten Leitlinien und Aufsätze richten sich, so nicht ausdrücklich anders vermerkt, an Fachkreise. Ein Teil der hier angegebenen Aufsätze ist in englischer Sprache verfasst.
- Andorf, S. et al.: Anti-IgE treatment with oral immunotherapy in multifood allergic participants: a double-blind, randomised, controlled trial. Lancet Gastroenterol Hepatol 2018; 3: 85–94
- Bergmann, K. et al.: Aktueller Stand zur Verbreitung von Allergien in Deutschland. Positionspapier der Kommission Umweltmedizin am Robert Koch-Institut. In: Allergo J Int 2016, 25: 6
- Beyer, K. et al.: Neue Therapiekonzepte bei Nahrungsmittelallergien. In: Allergologie 2016; 39: 439–444
- Biedermann, T. et al. (Hrsg., 2016): Allergologie. Springer, Berlin/Heidelberg, 2. Aufl., ISBN9783642372025
- Bindslev-Jensen, C et al.: SCIT-treatment With a Chemically Modified, Aluminum Hydroxide Adsorbed Peanut Extract (HAL-MPE1) Was Generally Safe And Well Tolerated And Showed Immunological Changes In Peanut Allergic Patients. J Allergy Clin Immunol 2017; 139: AB191
- Blumchen, K et al.: Post hoc analysis examining symptom severity reduction and symptom absence during food challenges in individuals who underwent oral immunotherapy for peanut allergy: results from three trials. Allergy Asthma Clin Immunol 2023; 19: 21
- Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Aktionsplan Allergien - Allergieportal. (eingestellt am 31.12.2012)
- Burks, A et al.: Epitope study results: Phase 3, randomized double-blind, placebo-controlled study of epicutaneous immunotherapy in peanut-allergic toddlers. Annals of Allergy, Asthma & Immunology 2022; 129: S12
- Chinthrajah, S et al.: Phase 2a randomized, placebo-controlled study of anti-IL-33 in peanut allergy. JCI Insight 2019; 4: e131347
- Du Toit, G. et al.: Oral immunotherapy in children ages 1 to <4 with peanut allergy: POSEIDON trial outcomes. Präsentation auf der Jahrestagung des American College of Allergy, Asthma & Immunologyopens (ACAAI) 2022
- Eigenmann PA et al.: Are avoidance diets still warranted in children with atopic dermatitis? Pediatric Allergy and Immunology. 2020;31(1):19-26.
- Fischer J, et al.: Alpha-Gal-Syndrom: Ein Überblick zum klinischen Bild und zu pathophysiologischen Konzepten. In: Hautarzt 2022; 73: 195–200
- Grabenhenrich LB et al.: Anaphylaxis in children and adolescents: The European Anaphylaxis Registry. The Journal of allergy and clinical immunology. 2016;137(4):1128-37.e1.
- Grabenhenrich, L et al.: Frequency of food allergy in school-aged children in eight European countries-The Euro-Prevall-iFAAM birth cohort. Allergy 2020; 75: 2294–2308
- Informationen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft: Neuartige Lebensmittel - Novel Food (Letzter Abruf: 19.01.2024)
- Jones SM, et al.: Efficacy and safety of oral immunotherapy in children aged 1–3 years with peanut allergy (the Immune Tolerance Network IMPACT trial). Lancet 2022; 399: 359–371
- O’B Hourihane J, et al.: Efficacy and safety of oral immunotherapy with AR101 in European children with a peanut allergy (ARTEMIS): a multicentre, double-blind, randomised, placebo-controlled phase 3 trial. Lancet Child Adolesc Health 2020; 4: 728–739
- Ring, J. et al.: S2-Leitlinie Akuttherapie und Management der Anaphylaxie. In: Allergo J Int 2021; 30: 1–25
- Schäfer, C. et al.: Fruktosemalabsorption. Stellungnahme der AG Nahrungsmittelallergie in der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI). In: Allergo J 2010; 19: 66–69
- Kopp, MV. et al.: S3-Leitlinie Allergieprävention (Stand: 11. November 2022)
- Worm, M.: S2k-Leitlinie Management IgE-vermittelter Nahrungsmittelallergien. In: Allergologie 2021; 44: 488–541
Letzte Aktualisierung:
13. Oktober 2023