Wie kann man einer Allergie sonst noch vorbeugen?
Neben der Ernährung gibt es viele weitere Möglichkeiten, Allergien vorzubeugen. Zu den beeinflussbaren Faktoren zählen zum Beispiel das Rauchen, Schadstoffe in der Luft oder auch emotionaler Stress.
Wissenschaftliche Beratung:
Prof. Dr. Thilo Biedermann, Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie am Biederstein der TU München
E-Mail: tilo.biedermann@tum.de
Prof. Dr. Ulf Darsow, Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie am Biederstein der TU München
E-Mail: ulf.darsow@tum.de
Neben der Ernährung gibt es viele weitere Möglichkeiten, Allergien vorzubeugen. Zu den beeinflussbaren Faktoren zählen zum Beispiel das Rauchen, Schadstoffe in der Luft oder auch emotionaler Stress.
Wissenschaftliche Beratung:
Prof. Dr. Thilo Biedermann, Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie am Biederstein der TU München
E-Mail: tilo.biedermann@tum.de
Prof. Dr. Ulf Darsow, Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie am Biederstein der TU München
E-Mail: ulf.darsow@tum.de
Rauchen: Das Kind raucht immer mit
Tabakrauch ist einer der stärksten bekannten Allergie-Auslöser, vor allem für Asthma. Das gilt vor allem für Kinder aus Risikofamilien, die regelmäßig Zigarettenrauch ausgesetzt sind. In der langjährigen MAS-Allergiestudie zeigte sich, dass Kinder, deren Mütter vor oder während der Schwangerschaft geraucht hatten, aber auch besonders häufig eine Nahrungsmittelallergie entwickeln.
Inwiefern sich das Passivrauchen von elektronischen Zigaretten (E-Zigaretten) auf das Allergierisiko auswirkt, ist noch nicht klar. In jedem Fall sorgt das „Dampfen“ in Innenräumen für feine, potentiell gesundheitsschädliche Partikel in der Raumluft. In einer ersten US-amerikanischen Studie zeigte sich, dass Jugendliche und junge Erwachsene, die oft passiv dem Rauch von E-Zigaretten ausgesetzt waren, vermehrt unter Kurzatmigkeit und Bronchitis litten.
Während der Schwangerschaft schädigen die giftigen Inhaltsstoffe im Tabakrauch die Entwicklung des ungeborenen Kindes direkt, da sie über die Plazenta in den kindlichen Blutkreislauf gelangen und unter anderem seine Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen verschlechtern. Dies gilt nicht nur für aktives, sondern auch für das passive Mitrauchen der Mutter und für E-Zigaretten ebenso wie für herkömmlich verbrannten Tabak. Eine rauchfreie Umgebung vor, während und nach der Schwangerschaft sorgt für gute Startbedingungen eines Kindes – nicht nur zur Allergieprävention.
Luftschadstoffe: Asthma und Heuschnupfen durch Autoabgase
Die Zunahme von Allergien zeigt sich insbesondere in Ländern mit westlichem Lebensstil. Man vermutet, dass die erhöhte Umweltverschmutzung und vor allem Luftschadstoffe durch Verkehr, Industrie, Landwirtschaft und auch Heizungsabgase aus privaten Haushalten daran einen Anteil tragen. Insbesondere Feinstaub mit winzigen Partikeln unter 2,5 Mikrometer Durchmesser, aber auch Ozon und Stickoxide können tief in die Atemwege eindringen und dort Entzündungen auslösen.
Eine 15-jährige wissenschaftliche Studie im Großraum München mit 3.000 Kindern (LISAplus-Studie) zeigte, dass diejenigen, die an verkehrsreichen Straßen aufwuchsen, später häufiger unter Allergien litten: Mit steigender Feinstaub-Belastung kam es häufiger zu Heuschnupfen und Asthma, mit erhöhter Stickstoff-Belastung vor allem zu Neurodermitis.
In vielen Studien konnte gezeigt werden, dass Ozon akut und chronisch die Atemwege schädigt, die Infektabwehr schwächt und Atemwegsbeschwerden, Allergien und Asthma fördert. Ozon macht das Lungengewebe durchlässiger, sodass Allergene leichter in das vorgeschädigte Gewebe eindringen. Die Ozonempfindlichkeit ist individuell sehr verschieden. Bei Werten über 400 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft spüren aber auch gesunde Menschen seine Wirkung.
Wer in ungünstigen Lagen mit starker Verkehrsbelastung wohnt, sollte zumindest versuchen, die Abgase möglichst nicht direkt einzuatmen, um Allergien und Asthma vorzubeugen. Zu beachten ist zum Beispiel, dass kleine Kinder zu Fuß oder im Buggy – etwa an der Ampel an stark befahrenen Kreuzungen – mit Mund und Nase oft direkt auf Höhe der Abgase sind. Die LISAplus-Studie zeigte auch, dass mit steigendem Abstand zum Verkehr das Allergie-Risiko sinkt.
Einfache Maßnahmen reduzieren die Schadstoffbelastung
Mit einfachen Maßnahmen kann man selbst die Schadstoffbelastung mindern:
- Kein Lüften zur Verkehrsstoßzeiten, besser nur am frühen Morgen und abends vor dem Schlafengehen und möglichst nur nach Möglichkeit über Fenster, die der Straßenseite abgewandt sind
- Wege zu Kindergarten oder Schule auswählen, die nicht direkt an stark befahrenen Straßen entlangführen, auch wenn sie womöglich länger sind
- Zum Spielen lieber zu Spielplätzen und Grünflächen gehen, die von stark befahrenen Straßen weiter entfernt liegen
Hausstaubmilben und Schimmelpilze
Verursacher von allergischem Schnupfen und Asthma können neben Pollen auch Hausstaubmilben, seltener Schimmelpilze und – sofern vorhanden – felltragende Haustiere sein.
Hausstaubmilben
Hausstaubmilben sind kein Hinweis auf mangelnde Hygiene oder eine schmutzige Wohnung. Sie sind harmlose winzige, mit bloßem Auge nicht zu erkennende Spinnentiere. Sie stechen oder beißen nicht und übertragen keine Krankheiten.
Hausstaubmilben ernähren sich von Hautschuppen oder Schimmelpilzen. An warmen und eher feuchten Orten wie in regelmäßig benutzten Matratzen und Bettbezügen finden sie ideale Lebensbedingungen. Eine Hausstaubmilbenallergie wird durch das Einatmen des im Hausstaub enthaltenen Milbenkotes ausgelöst.
Die für Allergiker beworbenen Encasings, also allergendichte Bezüge für Matratze und Bettwäsche, helfen bei bereits bestehender Hausstaubmilbenallergie, weil sie die hohe Allergen-Belastung in der Raumluft im Schlafzimmer senken und gleichzeitig die Hausstaubmilben von ihrer Nahrungsquelle abschneiden, sodass sie sich schlechter vermehren.
Eine schützende Wirkung von Encasings vor der Neuentstehung einer Allergie (Primärprävention) konnte nicht nachgewiesen werden, weswegen sie hierfür nicht empfohlen werden. Auch eine besonders hohe Innenraum-Hygiene, die Hausstaubmilben reduzieren soll (etwa tägliches Putzen und Staubwischen) hilft nicht, um einer Allergie vorzubeugen.
Schimmelpilze in Wohnräumen können bei Säuglingen das Risiko für einen Heuschnupfen oder Asthma im späteren Kindesalter deutlich erhöhen. Das hat unter anderem die GINI-Studie gezeigt, in der Kinder untersucht wurden, die bis zum zweiten Lebensjahr in einer schimmelbelasteten Wohnung aufwuchsen.
Wie Milben kommen Schimmelpilze überall vor. Sie leben vor allem in der Erde, auch Blumenerde, und im Kompost. Ihre Sporen, über die sie sich vermehren, verbreiten sich durch die Luft und gelangen so auch in die Wohnung. In Innenräumen können sie sich bei guten Bedingungen, zum Beispiel erhöhte Luftfeuchtigkeit, jedoch besonders schnell vermehren. Sichtbare Zeichen von Schimmel und deren Ursachen, wie Feuchtigkeitsschäden, müssen sofort behoben werden.
Genereller Verzicht auf Haustiere nicht notwendig
Zum Schutz vor Allergien generell auf Haustiere zu verzichten, ist nach heutiger Auffassung nicht notwendig. Studien wie die GINI- und die LISA-Studie von Helmholtz Munich geben deutliche Hinweise darauf, dass Kinder, die – vor allem im ersten Lebensjahr – mit Hunden aufwachsen, signifikant besser gegen Allergien geschützt sind als andere Kinder.
Ausschlaggebend scheint hierbei das Zusammenleben mit dem Hund zu sein, da so das Immunsystem spezifisch gegen Allergien trainiert wird. Der regelmäßige Kontakt mit fremden Hunden reicht dafür nicht aus. Die genauen Ursachen, warum das Immunsystem gestärkt wird, sind noch nicht geklärt.
Bei Katzenhaltung gibt es hingegen Hinweise auf ein erhöhtes Ekzemrisiko. Die Leitlinien empfehlen deshalb, bei Kindern mit erhöhtem Allergierisiko zumindest keine Katze neu anzuschaffen. Ein bestehendes Haustier abgeben müssen Familien nicht – es sei denn, ein Haushaltsmitglied entwickelt eine nachgewiesene Tierallergie.
Impfungen kein Allergie-Risikofaktor
Immer wieder werden Impfungen mit einem erhöhten Allergie-Risiko in Verbindung gebracht. Diese Vermutung wird durch die aktuelle Studienlage aber nicht bestätigt. Die meisten epidemiologischen Untersuchungen zeigen keinen allergiefördernden Effekt. Zum Teil kommen Studien sogar zu dem Schluss, dass Impfungen das Allergierisiko senken können. Die von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlenen Schutzimpfungen sind daher auch für Kinder mit einem erhöhten Allergie-Risiko sinnvoll.
Allergieneigung und Stress
Dass emotionaler Stress Krankheitssymptome bei Asthma und Neurodermitis auslösen und verschlimmern kann, ist bereits länger bekannt. Immer mehr Studien, darunter die deutsche SPATZ-Studie, geben Hinweise darauf, dass auch Stress und psychische Krisen der Mutter in der Schwangerschaft, eine Wochenbett-Depression und belastende Ereignisse in der frühen Kindheit, wie etwa die Trennung der Eltern oder Tod eines Elternteils, das Risiko für eine spätere allergische Erkrankung des Kindes erhöhen. Man vermutet, dass bestimmte Botenstoffe, die in solchen Situationen ausgeschüttet werden, allergische Sensibilisierungen beeinflussen. Eine hohe soziale Unterstützung und ein sensibles und einfühlsames Verhalten der Mutter scheinen hingegen bis zu einem gewissen Grad vor einer Neurodermitis und möglicherweise auch anderen allergischen Erkrankungen zu schützen.
Daher ist es wichtig, dass psychische Belastungen bei (werdenden) Eltern und Kindern nicht aus dem Blick geraten – nicht nur, um Allergien vorzubeugen.
Berufsbedingte Allergieauslöser meiden
Allergien gehören zu den häufigsten Berufskrankheiten. Meist leidet die Haut unter Stoffen aus dem Berufsumfeld. Kontaktekzeme sind daher besonders häufig. Daneben können auch Stäube, beispielsweise von Mehl, Holz oder Metallverbindungen allergische Erkrankungen auslösen. Diese können sich dann an den Atemwegen zeigen.
Die einzige vorbeugende Maßnahme besteht darin, den Kontakt zu meiden beziehungsweise weitestgehend zu reduzieren. Der richtige Umgang mit Schutzkleidung oder das Einhalten von Wasch- und Hygieneregeln gehören daher unbedingt zur Primärprävention. Daneben gilt es für Arbeitgeber, wo möglich allergene Substanzen durch andere, weniger schädigende zu ersetzen.
Quellen
Die hier aufgeführten Leitlinien und Aufsätze richten sich, so nicht ausdrücklich anders vermerkt, an Fachkreise. Ein Teil der hier angegebenen Aufsätze ist in englischer Sprache verfasst.
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- Beyer, K.: Die Rolle der Ernährung in der Prävention atopischer Erkrankungen. In: Pädiatrische Allergologie, 2018, Sonderheft „Prävention“: 8-12
- Boyle, RJ. et al.: Hydrolysed formula and risk of allergic or autoimmune disease: systematic review and meta-analysis. In: BMJ, 2016, 352: i974
- Braig, S. et al.: Maternal prenatal stress and child atopic dermatitis up to age 2 years: The Ulm SPATZ health study. In Pediatr Allergy Immunol, 2017, 28(2):144-151
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- Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (Hrsg.): Nachgefragt: Häufige Fragen von der Schwangerschaft bis ins Kleinkindalter (Letzter Abruf: 23.11.2023)
- Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (Hrsg., 2014): Nationaler Aktionsplan Allergie. (Letzter Abruf: 23.11.2023)
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Letzte Aktualisierung:
23. November 2023