Fruchtzuckerunverträglichkeit (Fruktosemalabsorption)
Wissenschaftliche Beratung
Dr. Imke Reese, Ernährungsberatung und -therapie Allergologie, München
Wissenschaftliche Beratung
Dr. Imke Reese, Ernährungsberatung und -therapie Allergologie, München
Grundlagen
Die Fruchtzuckerunverträglichkeit (Fruktosemalabsorption) gehört zu der Gruppe der Kohlenhydratverwertungsstörungen. Bei dieser Form der nicht allergisch bedingten Nahrungsmittelunverträglichkeit funktioniert der Transport von Fruchtzucker (Fruktose/Fructose) aus dem Darm in die Blutbahn nicht optimal, insbesondere dann nicht, wenn sehr viel Fruchtzucker auf einmal in den Darm gelangt. Die Folge: Ein Teil des Fruchtzuckers verbleibt im Speisebrei, wirkt dort osmotisch, das heißt er zieht Flüssigkeit ins Darmlumen, und wandert in tiefere Darmabschnitte weiter. Dort verstoffwechseln Darmbakterien den verbliebenen Zucker. Es entstehen dabei vor allem Gase, die Blähungen bzw. einen aufgeblähten Bauch und infolge Schmerzen, Krämpfe und Völlegefühl verursachen können. Aber es entstehen auch kurzkettige Fettsäuren, die Durchfall hervorrufen können.
Fruktoseintoleranz
Oft wird die Fruchtzuckerunveträglichkeit (Fruktosemalabsorption) als Fruktoseintoleranz bezeichnet. Die beiden Begriffe beschreiben jedoch zwei unterschiedliche Krankheitsbilder. Die hereditäre Fruktoseintoleranz ist ein angeborener Enzymdefekt (betroffenes Enzym: Aldolase B oder auch Fruktose-1-Phosphat-Aldolase), der zu einem unvollständigen Abbau der aufgenommenen Fruktose in der Leber führt. Betroffene müssen daher eine lebenslange streng fruktosearme Kost einhalten.
Fruchtzuckerunverträglichkeit (Fruktosemalabsorption)
Um beide Krankheitsbilder klar zu unterscheiden und Verwirrungen zu verhindern, sollte man die Fruchtzuckerunverträglichkeit (Fruktosemalabsorption) nicht als intestinale Fruktoseintoleranz bezeichnen. Auch wenn der Begriff Fruktosemalabsorption sperrig erscheint, beschreibt er genau das Problem: eine unvollständige Aufnahme im Verdauungstrakt. Diese kommt durch ein eingeschränkt wirksames Transportprotein, dem GLUT-5, zustande, das die Fruktose aus dem Darmlumen in die Zellen der Darmwand transportiert. Dieses Transportprotein kann allerdings immer nur eine begrenzte Menge an Fruktose transportieren.
Man geht davon aus, dass der menschliche Dünndarm nur etwa 35 bis 50 Gramm Fruktose auf einmal aufnehmen kann. Folglich kommt es bei zu hohen Mengen an anflutender Fruktose, auch als Fruktoseüberhang bezeichnet, bei jedem Menschen zu Aufnahmeproblemen. Mit einem halben Liter Apfelsaft (32 g Fruktose) ist für viele schon die natürliche Grenze erreicht und auch gesunde Menschen können Bauchschmerzen, Blähungen oder Durchfall bekommen. Diese Symptome sind unangenehm, aber nicht schädlich für den Darm.
Reagiert der Körper schon bei weniger als 25 Gramm Fruktose empfindlich, spricht man von einer Fruktosemalabsorption. Diese kann mit Hilfe eines Wasserstoff-Atemtests (H2-Atemtest) diagnostiziert werden. Die Empfindlichkeit ist allerdings stark abhängig davon, wie schnell die aufgenommene Fruktose im Dünndarm landet. Je länger eine fruktosehaltige Mahlzeit im Magen verweilt und portionsweise in den Dünndarm entlassen wird, desto eher kann das Transportprotein der anflutenden Menge an Fruktose gerecht werden und diese vollständig aufnehmen. In einem solchen Fall kommt es zu keinerlei Symptomen. Eine lange Verweildauer im Magen wird durch gleichzeitig verzehrtes Fett, Eiweiss und Ballaststoffe begünstigt. Dagegen beschleunigen eine hohe Menge an Zucker und Stärke sowie die Aufnahme von Flüssigkeiten die Abgabe an den Dünndarm. Diese Beobachtung kann und sollte man zur Behandlung der Fruktosemalabsorption nutzen.
Glukose und Zuckeralkohole beeinflussen die Fruktoseaufnahme
Beschrieben ist auch, dass ein ausgeglichenes Verhältnis von Glukose zu Fruktose, wie es in Haushaltszucker vorliegt, oder ein zugunsten der Glukose ausgerichtetes Verhältnis die Fruktoseaufnahme verbessert. Allerdings ist dieser Effekt begrenzt.
Dagegen hemmen Zuckeralkohole wie zum Beispiel Sorbit (E 420) die Fruktoseaufnahme deutlich und werden bei vorliegender Fruktosemalabsorption in der Regel auch selbst nicht oder nur begrenzt vertragen. Eine isolierte Sorbitunverträglichkeit ist selten.
Vorkommen von Fruchtzucker (Fruktose/Fructose) und Zuckeralkoholen
Fruktose kommt natürlicherweise vor allem in Früchten (Obst, Beeren) und dementsprechend auch in Fruchtsäften, Most, Wein, Fruchtaufstrichen (Konfitüre, Marmelade) und anderen Lebensmitteln, deren Hauptbestandteil Früchte sind, vor. Bei Trockenfrüchten ist neben dem hohen Anteil an Fruchtzucker oft auch ein erhöhter Anteil an Sorbit vorhanden. Der Gehalt an Fruktose in Gemüse ist dagegen zu niedrig, als dass dieser Beschwerden auslösen könnte.
Zudem ist Fruktose wie bereits erwähnt zur Hälfte in Haushaltszucker enthalten, der aus Zuckerrüben oder Zuckerrohr produziert wird, sowie in Honig und Ahornsirup. Aufgrund des ausgeglichenen Verhältnisses an Glukose (Traubenzucker) und Fruktose werden Haushaltszucker, Honig und Ahornsirup in Maßen gut vertragen. Ganz anders verhält es sich mit vielen anderen natürlichen Süßungsmitteln wie Dicksäften, insbesondere Agavendicksaft, die zu einem Großteil aus Fruktose bestehen. Lediglich Traubenzucker und Reissirup werden aufgrund des hohen oder ausschließlichen Glukoseanteils ohne Einschränkung vertragen.
Neben natürlichen Nahrungsmitteln und daraus hergestellten Produkten findet sich Fruktose auch als Süßungsmittel in vielen industriell hergestellten Fertigprodukten einschließlich Getränken (Limonaden, Softdrinks).
Vorsicht ist aber auch bei zahnfreundlichen Süßigkeiten und Kaugummis sowie kalorienreduzierten Getränken geboten. Denn diese enthalten häufig Zuckeralkohole. Dagegen werden kalorienfreie Getränke, die ungesüßt oder ggf. mit Süßstoffen versetzt sind, keine Symptome hervorrufen. Allerdings sollten Süßstoffe nicht in unbegrenzter Menge verzehrt werden. Daher sind bei den Süßstoffen die täglich zulässigen maximalen Aufnahmemengen zu beachten.
Verbreitung
Die Fruktosemalabsorption ist relativ häufig: In Europa und Nordamerika ist etwa jede/jeder dritte Erwachsene und zwei von drei Kleinkindern betroffen. Allerdings zeigt nicht jede betroffene Person Symptome. Bei einem günstigen Essverhalten werden Symptome kaum oder nur sehr begrenzt auftreten.
Diagnose
Ähnlich wie bei der Laktoseintoleranz kann auch bei Verdacht auf Fruchtzuckerunverträglichkeit (Fruktosemalabsorption) eine Bestätigung durch einen H2-Atemtest erfolgen. Diese Testung basiert darauf, dass bei Verstoffwechslung der Fruktose durch Darmbakterien Wasserstoff (H2) entsteht, der dann abgeatmet, also ausgeatmet wird. Die Menge der Abatmung kann mit speziellen Geräten gemessen werden. Allerdings sollte ein solcher Test in einer Praxis oder Klinik durchgeführt werden, die regelmäßig solche Messungen vornimmt.
Durchführung des Tests auf Fruktosemalabsorption
Vor dem Test sind entsprechende Vorbereitungsmaßnahmen, wie zum Beispiel zwölfstündige Nüchternheit und kein Zähneputzen zu treffen. Ein Testdurchlauf dauert zwei bis drei Stunden. Zunächst erfolgt eine Eingangsmessung des Wassserstoffgehalts in der Ausatemluft (die sogenannte H2- oder Wasserstoffabatmung), die unterhalb eines bestimmten Bereichs liegen sollte. Danach werden 25 Gramm Fruktose gelöst in 250 ml Wasser zügig getrunken. Im Anschluss daran wird in regelmäßigen Abständen erneut die H2-Abatmung gemessen.
Zusätzlich werden auftretende Symptome notiert. Treten Symptome auf, ohne dass sich ein Anstieg der H2-Abatmung messen lässt, ist davon auszugeben, dass es sich bei dem Betroffenen um einen sogenannten non-responder handelt, der keinen Wasserstoff, sondern vermutlich Methan abatmet. In diesem besonderen Fall wird die Diagnose dann allein aufgrund der Symptome gestellt.
Bei der Diagnose einer Fruktosemalabsorption kann es hilfreich sein, ein Ernährungs-Symptom-Tagebuch zu führen. Da Fruchtzucker auch versteckt in vielen Produkten vorkommen kann, ist es allerdings für Laien häufig schwierig, ein solches Tagebuch auszuwerten. Deshalb ist die Begleitung durch eine Ernährungsfachkraft, die sich auf Nahrungsmittelunverträglichkeiten spezialisiert hat, sinnvoll.
Hinweise auf eine Fruktosemalabsorption kann aber auch schon die eigene Beobachtung liefern, dass Apfelschorle in größeren Mengen zu Symptomen führt, während ein griechischer Joghurt mit Obst einwandfrei vertragen wird.
Behandlung und Vorbeugung
Zur Fruchtzuckerunverträglichkeit (Fruktosemalabsorption) liegt eine Stellungnahme von Expertinnen und Experten in einem Positionspapier vor. Das darin enthaltene Behandlungskonzept beruht auf einer Ernährungstherapie. Demnach wird empfohlen, dass Menschen mit einer Fruktosemalabsorption zunächst vorübergehend (für maximal zwei Wochen) den Fruktosegehalt in ihrer Nahrung reduzieren. Daran schließt sich eine bis zu sechswöchige Phase an, in der sie testen, wie viel Fruktose sie vertragen, da die Verträglichkeit individuell unterschiedlich ist.
Dabei kann es helfen, wenn man die Zusammensetzung der Nahrung gezielt verändert, insbesondere indem man Fruktose-haltige Lebensmittel mit bestimmten anderen Nahrungsbestandteilen, vor allem Traubenzucker (Glukose), aber auch Fett und Eiweiß kombiniert. Hierdurch lässt sich die Dauer der Darmpassage verlängern. Eine Ernährungsberatung ist hierbei empfehlenswert. Eine strikte Meidung allen Fruchtzuckers ist bei der Fruchtzuckerunverträglichkeit (Fruktosemalabsorption) nicht notwendig.
Umstellung der Ernährung bei Fruchtzuckerunverträglichkeit (Fruktosemalabsorption)
Die Etablierung der langfristigen Ernährung erfolgt auf Basis eines dreistufigen Schemas. Während der ersten Stufe werden Obst, Zucker, Zuckeralkohole sowie süße Lebensmittel und Getränke deutlich eingeschränkt. Diese Reduzierung von Fruktose und Sorbit dient dem Ziel, eine weitestgehende Beschwerdereduktion zu erreichen. Noch wirksamer ist eine gleichzeitige Optimierung der Lebensmittelauswahl und eine Verbesserung des Essverhaltens.
Durch gemüsebetonte Mahlzeiten mit ausreichend hohem Anteil an Fett und Eiweiß werden die Magenverweildauer verlängert und die Verdauungsvoraussetzungen optimiert. Regelmäßige Mahlzeiten unterstützen dies zusätzlich.
Nach maximal 10 bis 14 Tagen ist eine gute Basis für einen zügigen Kostaufbau geschaffen. Nach und nach werden wieder kleine Mengen an Obst und anderen fruktosehaltigen Nahrungsmitteln in die Kost integriert und langsam gesteigert. Dadurch lässt sich die individuellen Verträglichkeit ermitteln. Dabei werden die optimierte Lebensmittelauswahl und das verbesserte Essverhalten beibehalten. Der Kostaufbau sollte individuelle Vorlieben berücksichtigen und gleichzeitig eine bedarfsgerechte Ernährung sichern. Diese zweite Stufe geht in die langfristige Dauerernährung, Stufe 3, über.
Ziel dieser Stufentherapie ist die Symptomfreiheit des Betroffenen bei hoher Lebensqualität und maßvollem Fruktoseverzehr. Dabei geht es vor allem darum, das Wissen zu vermitteln, wie eine solche erreicht werden kann. Gelegentliche bewusste Abweichungen in der Diät gefährden den Gesamterfolg der Therapie nicht und können trotz der bewusst in Kauf genommenen Beschwerden, die Lebensqualität erhöhen (zum Beispiel bei der Teilnahme an einem Kindergeburtstag ohne diätetische Einschränken mit in Kaufnahme abendlicher Beschwerden).
Weiterführende Informationen zur Fruchtzuckerunverträglichkeit (Fruktosemalabsorption)
- Informationen zu Nahrungsmittelunverträglichkeiten des Deutschen Allergie- und Asthmabundes (DAAB): https://www.daab.de/ernaehrung/nahrungsmittel-unvertraeglichkeit/was-ist-das/
Zertifizierte Ernährungsberatung:
- Deutscher Allergie- und Asthmabund (DAAB): Informationen zur Ernährungsberatung https://www.daab.de/ernaehrung/nahrungsmittel-allergien/behandlung/ernaehrungsberatung/
- daabAllergie-Wegweiser: https://www.allergie-wegweiser.de/
- Arbeitskreis Diätetik in der Allergologie: www.ak-dida.de
Quellen
- Kleine-Tebbe, J., et al.: Nahrungsmittelallergien und andere -unverträglichkeiten. Bedeutung, Begriffe und Begrenzung. In: Bundesgesundheitsbl 2016; 59: 705–722
- Schäfer, C. et al.: Fruktosemalabsorption. Stellungnahme der AG Nahrungsmittelallergie in der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI). In: Allergo J 2010; 19: 66-69
- Schäfer, C. Ernährungstherapie bei Kohlenhydratmalassimilationen: Strukturen und Stolpersteine. In: Reese I, Schäfer C, eds. Ernährungstherapie bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Vol. 1. München-Deisenhofen: Dustri-Verlag Karl Feistle, 2018;249-270.
- Reese, I., Schäfer, C., Werfel, T., Worm, M. Diätetik in der Allergologie. 5. ed. München-Deisenhofen: Dustri-Verlag Karl Feistle, 2017
Letzte Aktualisierung: 5. Mai 2020