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Hypoallergene Säuglingsnahrung zur Vorbeugung bei hohem Allergierisiko?

Hydrolysierte, so genannte HA-Säuglingsnahrung kam in der Vergangenheit in erster Linie bei Babies mit Kuhmilchallergien zum Einsatz. Später gab es Hinweise, dass HA-Nahrung auch anderen Allergien vorbeugen könnte, die Wirksamkeit wurde allerdings wiederholt in Frage gestellt. Im Rahmen der deutschen GINI-Studie wurden nun die Langzeiteffekte verschiedener hydrolysierter Säuglingsnahrungen auf allergische Erkrankungen bei Hochrisikokindern bewertet. Aktuelle Ergebnisse dazu sind im Fachjournal ´Allergy´ veröffentlicht.

GINI ist eine Langzeitbeobachtungsstudie von Kindern aus dem Raum München und Wesel, die ein erhöhtes familiäres Risiko für eine spätere allergische Erkrankung haben. Zwischen 1995 und 1998 wurden dazu 2.252 gesunde Neugeborene in die Studie aufgenommen. Wenn ausschließliches Stillen nicht möglich oder gewünscht war, erhielten die Säuglinge während der ersten vier Lebensmonate jeweils eine von drei verschiedenen HA-Rezepturen oder eine reguläre Säuglingsnahrung auf Kuhmilchbasis, die als Kontrolle diente.

Eingesetzt wurden ein schwaches Molkehydrolysat (pHF-W), ein starkes Molkehydrolysat und ein starkes Caseinhydrolysat (eHF-C) sowie eine reguläre Säuglingsmilch. Welche Säuglingsnahrung eine Familie erhielt, wurde zufällig zugeteilt. Weder die teilnehmenden Familien noch die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wussten zu diesem Zeitpunkt, wer welche Säuglingsnahrung erhält.

Schutz vor Asthma durch bestimmte HA-Nahrung

In der Folgeuntersuchung 20 Jahre später befragten die Forschenden die mittlerweile jungen Erwachsenen nach möglichen allergischen Erkrankungen. Unter den Befragten trat Asthma in der Gruppe, die als Säuglinge die eHF-C oder pHF-W-Nahrung erhalten hatten, deutlich seltener auf als in der Gruppe mit Säuglingsnahrung auf Kuhmilchbasis. Ebenso beugten diese HA-Nahrungen einem atopischen Ekzem vor, was bis ins junge Erwachsenenalter anhielt. Lediglich die dritte Rezeptur (eHG-W) war deutlich weniger wirksam.

Kein Schutz vor allergischem Schnupfen

Auf die Häufigkeit von allergischer Rhinitis (AR) hatten die drei HA-Nahrungsrezepturen dagegen keinen signifikanten Einfluss.

Wie genau hydrolisierte Säuglingsnahrung die Entwicklung allergischer Erkrankungen beeinflussen kann, ist bislang nicht vollständig geklärt. Forschende mutmaßen, dass die Prozesse der Hydrolyse, also der Spaltung chemischer Verbindungen durch Wasser, unterschiedlichen Einfluss auf potentielle Allergieauslöser in der Nahrung nehmen könnten. Indirekte Effekte auf das Immunsystem oder auf das Darm-Mikrobiom kämen ebenso in Frage.

Mit den aktuellen Ergebnissen sieht sich das GINI-Wissenschaftsteam in seiner Annahme bestätigt: Unter der Voraussetzung, dass Stillen nicht möglich ist, kann eine frühkindliche Ernährungstherapie mit bestimmter hydrolisierter Säuglingsnahrung einen allergievorbeugenden Effekt bis ins Erwachsenenalter haben – sowohl für Ekzeme als auch für allergisches Asthma.

Quelle:
Gappa, M. et al.: Long-term effects of hydrolyzed formulae. – In: Allergy, 2020; 00: 1–5. DOI 10.1111/all14709