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Erste Hilfekoffer bei Anaphylaxie
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Anaphylaktischer Schock – was tun im Notfall?

Der anaphylaktische Schock ist eine seltene, aber gefürchtete allergische Reaktion. Er tritt sehr plötzlich auf und kann durch das gleichzeitige Zusammenbrechen mehrerer Organsysteme Lebensgefahr bedeuten. Ein anaphylaktischer Schock kostet unter einer Million Einwohnern jedes Jahr einem bis drei Menschen das Leben.

Der anaphylaktische Schock ist eine seltene, aber gefürchtete allergische Reaktion. Er tritt sehr plötzlich auf und kann durch das gleichzeitige Zusammenbrechen mehrerer Organsysteme Lebensgefahr bedeuten. Ein anaphylaktischer Schock kostet unter einer Million Einwohnern jedes Jahr einem bis drei Menschen das Leben.

Der Schock ist die extremste Form einer anaphylaktischen Reaktion. Unter anaphylaktischen Reaktionen versteht man plötzlich auftretende Allergie-Symptome, die charakteristischerweise mehrere Organe oder Organsysteme gleichzeitig oder in rascher Folge in Mitleidenschaft ziehen. Sie rechtzeitig zu erkennen und richtig zu handeln, bedeutet für Betroffene und Verantwortliche etwa in Kindergärten, Schule oder Sportverein sowie für Freundinnen und Freunde der Betroffenen eine besondere Herausforderung. Dieser Schwerpunkt soll daher Informationen und Instrumente liefern, um solche Situationen zuverlässig bewältigen zu können. 

Bei Kindern sind Nahrungsmittel der häufigste Auslöser einer Anaphylaxie, gefolgt von Insektenstichen und Medikamenten. Um zu verhindern, dass allergische Reaktionen sich zum anaphylaktischen Schock ausweiten, bleiben manchmal nur wenige Minuten Zeit.

Weitere Informationen zur Anaphylaxie

Anaphylaktischer Schock und Anaphylaxie: Symptome erkennen

Eine Anaphylaxie kann sich in ganz unterschiedlichen Symptomen äußern. Gerade Laien fällt es daher oft schwer, die ersten Anzeichen richtig einzuordnen. Ein Ärztegremium hat Diagnosekriterien entwickelt, die bei Kindern und Jugendlichen auf etwa 95 Prozent aller Anaphylaxien zutreffen.

Bei Betroffenen zeigen sich kurz nach Kontakt mit dem Allergen

  • Hautrötungen, Juckreiz oder Schwellungen in Mund und Rachen (bis zu 90 Prozent) und zusätzlich Atem- oder Herz-Kreislauf-Beschwerden
  • zwei der folgenden vier Symptome: Hautreizungen, Atembeschwerden, Reaktionen des Herz-Kreislauf-Systems, Reaktionen des Verdauungsapparats wie krampfartige Bauchschmerzen oder Erbrechen.
  • ein deutlicher Abfall des systolischen Blutdrucks. Bedrohlich ist bei Kleinkindern bis zu zwölf Monaten ein Wert von 70 mmHg, bei Kindern bis zu zehn Jahren ein Wert von 70 mmHg + zweimal Lebensalter, ab dem elften Lebensjahr ein Wert von 90 mmHg.

Ein Blutdruckabfall kann auch die schwerste Form der Anaphylaxie, den anaphylaktischen Schock, ankündigen. Atemnot oder Orientierungsstörungen sind weitere Anzeichen, dass die Anaphylaxie bedrohlich weit fortgeschritten ist. In seltenen Einzelfällen münden diese Symptome in einen Stillstand des Atem- und Kreislaufsystems, wenn nicht rechtzeitig eingegriffen wird.

Es gibt eine Reihe von Warnzeichen, wie zum Beispiel ein Kribbeln der Hände, die das Auftreten einer Anaphylaxie ankündigen können. Experten raten betroffenen Eltern und Betreuungspersonen über Risikofaktoren für eine Anaphylaxie schon im Vorfeld zu informieren. Hierzu gehören Krankheiten wie Asthma oder Mastozytose, eine seltene Erkrankung mit komplexen Symptomen, die durch zu viele Mastzellen im Körper hervorgerufen wird. Ein deutlich erhöhtes Risiko für eine Anaphylaxie tagen vor allem Personen, bei denen zuvor schon einmal schwere allergische Reaktionen aufgetreten sind.

Mastozytose ausschließen

Nach einer anaphylaktischen Reaktion ist es wichtig, das Krankheitsbild der Mastozytose auszuschließen. Bei dieser Erkrankung sind die Mastzellen auf der Haut oder in inneren Organen stark vermehrt. Wichtigste Anzeichen sind braun-rötliche Hautflecken sowie dauerhaft erhöhte Tryptase-Werte im Blut.

Bei Mastozytose-Betroffenen ist die Gefahr schwerer allergischer Reaktionen bis hin zum anaphylaktischen Schock besonders hoch. Sie müssen vor einem medizinischen Eingriff und vor der Gabe eines Röntgenkontrastmittels spezielle Medikamente erhalten, die allergischen Reaktionen vorbeugen.

Mehr zur Diagnose des anaphylaktischen Schocks

Prävention des anaphylaktischen Schocks

Studien haben gezeigt, dass eine gründliche Abklärung der anaphylaktischen Reaktion tatsächlich hilft, eine Wiederholung zu verhindern. Damit die gewonnenen Informationen nicht wieder verloren gehen, empfehlen Experten, einen Allergiepass anzufordern, der folgende Informationen enthält:

  • Beschreibung der aufgetretenen Reaktion
  • Aufzählung der künftig zu meidenden Präparate oder Nahrungsmittel
  • Aufzählung möglicher Alternativen
  • gegebenenfalls Vorsichtsmaßnahmen, die künftig vor medizinischen Eingriffen oder Behandlungen ergriffen werden sollten

Anaphylaktischer Schock – die Notfalltherapie

Allergologische Notfälle treten nicht selten in Zusammenhang mit medizinischen Maßnahmen vor. Das kann während der Operation in einer Klinik sein, in sehr seltenen Fällen auch während der spezifischen Immuntherapie in einer (Kinder-) Arztpraxis. In jeder Klinik und Arztpraxis, in der solche Maßnahmen durchgeführt werden, muss daher eine entsprechende Notfallausrüstung vorhanden, und das Personal entsprechend geschult sein, um lebensbedrohliche Reaktionen sofort in geeigneter Weise zu behandeln.

Auf der anderen Seite werden viele Notfälle infolge "natürlichen" Allergenkontakts über Insektenstiche oder Nahrungsmittel verzeichnet. In solchen Fällen ist schnelle Hilfe notwendig. Denn je früher lebensbedrohliche Reaktionen aufgehalten werden, umso besser sind die Aussichten, den Notfall ohne bleibende Schäden zu überstehen. Neben der Beendigung der Allergenzufuhr (zum Beispiel Entfernung eines Bienenstachels, Stopp einer Medikamentengabe) haben sich verschiedene Medikamente bei der Akuttherapie der schweren Anaphylaxie bewährt.

Weitere Informationen zur Akutbehandlung der Anaphylaxie

Wichtige Soforthilfemaßnahmen

  1. Ruhe bewahren und die betroffene Person beruhigen, nicht alleine lassen
     
  2. Hat der Patient oder die Patientin ein Notfallset bei sich, sollten sogleich die darin enthaltenen Medikamente zum Einsatz kommen: Bei ersten Anzeichen für eine allergische Reaktion sollten Betroffene das Antihistaminikum und das Glukokortikoid sofort einnehmen. Gibt es Hinweise für eine schwere Reaktion ist auch das Adrenalin anzuwenden.
     
  3. Notruf absetzen (Telefonnummer 112)
     
  4. Lagerung: bei Schwindel und Kreislaufproblemen Schocklagerung (Kopf und Oberkörper flach liegend und Beine erhöht); bei Atemnot sitzend, mit aufrechtem Oberkörper; bei Bewusstlosigkeit stabile Seitenlage
     
  5. Schwellungen kühlen
     
  6. Atemwege möglichst freihalten

Das Notfallset

Patienten mit einem erhöhten Risiko für lebensbedrohliche allergische Reaktionen sollten immer ein Notfallset bei sich haben und dieses im Notfall nach den Anweisungen der Ärztin/des Arztes einsetzen.

Das Notfallset enthält in der Regel die folgenden Medikamente:

  • Adrenalin zur Selbstinjektion in den Muskel (mittels Autoinjektor = Injektionshilfe)
  • Antihistaminikum zum Einnehmen als Flüssigkeit (Tropfen) oder Tabletten
  • Glukokortikoid zum Einnehmen als Flüssigkeit oder Tabletten, bei Kindern gegebenenfalls auch als Zäpfchen
  • bei bekanntem Asthma bronchiale gegebenenfalls ein Beta-2-Sympathomimetikum und/oder Adrenalin zur Inhalation

In jedem Fall sollte das Notfallset eine schriftliche Anleitung zur korrekten Anwendung der Bestandteile enthalten. Wichtig ist, dass Betroffene die Handhabung des Autoinjektors zur Verabreichung des Adrenalins vorab trainieren.

Mehr zum anaphylaktischen Schock

Quellen

Die hier aufgeführten Leitlinien und Aufsätze richten sich, so nicht ausdrücklich anders vermerkt, an Fachkreise. Ein Teil der hier angegebenen Aufsätze ist in englischer Sprache verfasst.

  • Bayer, K. et al.: Anaphylaxis in an emergency setting – elicitors, therapy and incidence of severe allergic reactions. In: Allergy 2012, 67: 1451–1456
  • Biedermann, T. et al.: (Hrsg., 2016) Allergologie. Springer, Berlin/Heidelberg, 2. Aufl.
  • Brockow K. et al.: S2K-Leitlinie Allergologische Diagnostik von Überempfindlichkeitsreaktionen auf Arzneimittel. In: Allergo J Int 2015; 24: 95
  •  Darsow U., Raap U. (Hrsg.): Allergologie kompakt. Dustri-Verlag, München, 2016
  • Globale Initiative für Asthma (GINA): Leitfaden zum Management und zur Prävention von Asthma – die GINA-Leitlinien. Ein Leitfaden für Gesundheitsfachleute (PDF), aktualisiert 2016 (Letzter Abruf: 29.01.2024)
  • Karila, C. et al.: Anaphylaxis during anesthesia: results of a 12-year survey at a French pediatric center. In: Allergy 2005, 60 (6): 828-834
  • Kerr, U., Köhli, A.: Anaphylaxie im Kindes- und Jugendalter. In: Praxis 2016; 105 (22): 1305 - 1311
  • Montañez MI et al.: Epidemiology, Mechanisms, and Diagnosis of Drug-Induced Anaphylaxis. In: Front. Immunol. 2017, 8:614. doi: 10.3389/fimmu.2017.00614
  • Pfützner W., Möbs C.: Anaphylaktische Reaktionen im Rahmen von Narkoseeingriffen. In: Pädiatrische Allergologie 02/2017, S. 18-27
  • Pumphrey, R.: Lessons for management of anaphylaxis from a study of fatal Reactions. In: Clinical and Experimental Allergy, Vol. 30, pp. 1144-1150, 2000.
  • Ring, J. et al.: S2k-Leitlinie zur Akuttherapie und Management der Anaphylaxie. In: Allergo J Int 2014; 23: 96–112
  • Sampson, H. et al.: Second symposium on the definition and management of anaphylaxis: Summary report. In: J Allergy Clin Immunol 2006; 117:391-97

Letzte Aktualisierung:

22. September 2017