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Neurodermitis - Kinderhand
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Neurodermitis und Ernährung – vieles ist Mythos

Viele Menschen nehmen an, dass Neurodermitis und Ernährung in einem Zusammenhang stehen. Dementsprechend vielfältig sind die Ratschläge, was Betroffene alles nicht oder gerade bewusst essen sollten. Die zum Teil widersprüchlichen Empfehlungen zur Ernährung bei Neurodermitis sind oftmals mit starken Einschränkungen der Speisenauswahl und damit auch der Lebensqualität verbunden. Daher ist es sinnvoll, diese kritisch zu hinterfragen.

Viele Menschen nehmen an, dass Neurodermitis und Ernährung in einem Zusammenhang stehen. Dementsprechend vielfältig sind die Ratschläge, was Betroffene alles nicht oder gerade bewusst essen sollten. Die zum Teil widersprüchlichen Empfehlungen zur Ernährung bei Neurodermitis sind oftmals mit starken Einschränkungen der Speisenauswahl und damit auch der Lebensqualität verbunden. Daher ist es sinnvoll, diese kritisch zu hinterfragen.

Video: Was hilft bei Neurodermitis?

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Ernährung als Neurodermitis-Trigger

Tatsächlich können Lebensmittelbestandteile die Neurodermitis-Symptome beeinflussen. IgE-vermittelte Nahrungsmittelallergien sind mögliche Triggerfaktoren der Neurodermitis. Jedoch ist dies in weit geringerem Ausmaß der Fall als zumeist angenommen: Etwa jedes zweite Kind mit Neurodermitis ist gegen Nahrungsmittel sensibilisiert. Allerdings führen Lebensmittelallergien nur bei etwa jedem dritten moderat bis schwer betroffenen Kind tatsächlich zu einer Ekzemverschlechterung.

Erwachsenen sind nur selten auf Grundnahrungsmittel allergisch. Bei ihnen spielen eher Pollen-assoziierte Nahrungsmittelallergene wie Obst, Gemüse und Nüsse eine Rolle – wenn überhaupt. Liegt nachweislich eine Kreuzallergie vor, kann diese dazu führen, dass sich das Hautbild verschlechtert. Aber auch schon der Pollenflug allein kann die Haut bei entsprechender Sensibilisierung verschlechtern.

Darüber hinaus ist es von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich, ob und welche Nahrungsmittel Probleme bereiten. Eine pauschale „Neurodermitis-Ernährung“ oder „Haut-Diät“ kann es daher nicht geben. Ob sich die Neurodermitis durch die Ernährung verschlechtert, können Betroffene mit einem Symptom-Tagebuch herausfinden. Darin notieren sie über einen gewissen Zeitraum, was sie gegessen haben und erfassen den Hautzustand.

Deutet die Auswertung des Symptom-Tagebuchs auf einen Zusammenhang hin, ist es sinnvoll, dies von einer allergologisch erfahrenen Fachkraft genauer abzuklären zu lassen, zum Beispiel von einem Arzt  beziehungsweise einer Ärztin mit der Zusatzbezeichnung Allergologie oder einer auf Allergien spezialisierten Ernährungsfachkraft. Das Fachpersonal wird überprüfen, ob das verdächtige Lebensmittel reproduzierbar Reaktionen hervorruft und ob die Zubereitung des Lebensmittels dabei eine Rolle spielt. Gegebenenfalls wird auch ein Auslassversuch mit einer anschließenden Provokation unter ärztlicher Aufsicht vereinbart.

Detaillierte Informationen hierzu finden Sie im Kapitel Diagnose von Nahrungsmittelallergien und unserem Faktenblatt Diagnose von Lebensmittelallergien (pdf, 197 KB).

Video: Was tun bei einer Kreuzallergie?

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Auslassdiäten – Notwendigkeit oder unnötiger Verzicht

Immer wieder ist die Empfehlung zu lesen, Menschen mit Neurodermitis sollten auf Milch, Eier und/oder weitere (Grund-)Nahrungsmittel verzichten. Diese pauschale Aussage ist jedoch nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten nicht haltbar.

Sich den dauerhaften Verzicht ohne eine entsprechende Diagnose einer Lebensmittelallergie oder eines direkten Einflusses auf die Haut selbst aufzuerlegen, ist nicht sinnvoll und vermutlich sogar kontraproduktiv. Denn während der regelmäßige Verzehr eine vorhandene Toleranz unterstützt, kann ein längeres Weglassen diese Toleranz verschwinden lassen. Darüber hinaus begünstigen  Diäten eine Fehl- und/ oder Mangelernährung.

Bei Kindern besteht sogar das Risiko, dass sie sich bei einer sehr eingeschränkten Ernährungsweise nicht altersgerecht entwickeln. Insbesondere Säuglinge und Kleinkinder sollten nicht ohne eine eindeutige Diagnose auf Diät gesetzt werden.

Es gibt Hinweise darauf, dass sich bei nachgewiesener Lebensmittelallergie eine Auslassdiät (Eliminationsdiät) bei Kindern auch positiv auf die Neurodermitis auswirken kann. Ist eine individuelle Auslassdiät tatsächlich notwendig, sollten sich Betroffene von einer allergologisch erfahrenen Ernährungsfachkraft unterstützen lassen. Nur so ist es möglich, die Einschränkugen so gering wie möglich, aber so umfangreich wie nötig zu halten. Außerdem gilt es, Fehl- und/ oder Mangelernährung zu vermeiden und die Lebensqualität erhalten.

Besondheiten bei Kindern

Bei Kindern ist die Auslassdiät oft nur zeitlich begrenzt notwendig, da insbesondere bei Grundnahrungsmitteln zunächst unverträgliche Lebensmittel nach einer Weile meist wieder vertragen werden. Fachleute sprechen von einer Toleranzentwicklung. Deshalb ist es sinnvoll regelmäßig zu überprüfen, ob die Allergie weiterhin besteht. Dies sollte jedoch nur unter ärztlicher Aufsicht geschehen, da die Möglichkeit schwerer allergischer Reaktionen besteht. Studien untersuchen derzeit, welche Faktoren die Toleranzentwicklung beeinflussen und wie man sie gegebenenfalls fördern kann.

Nahrungsergänzungsmittel mit positivem Einfluss?

Neben dem Ratschlag, bestimmte Lebensmittel wegzulasssen, wird auch immer wieder empfohlen, andere Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel gezielt zu verzehren, um der Haut etwas Gutes zu tun. Dazu gehören zum Beispiel Borretsch- oder Nachtkerzenöl. Beide enthalten gamma-Linolensäure, die zu weniger Entzündungen bei einer Neurodermitis führen soll. Die Datenlage zur tatsächlichen Wirksamkeit ist jedoch unzureichend.

Für einen positiven Effekt weiterer Nahrungsergänzungsmittel wie Probiotika, Vitamin D, Vitamin E, Zink oder Selen fehlen bislang ebenfalls eindeutige wissenschaftliche Belege. Vorhandene Daten sind oftmals widersprüchlich. Daher gibt es aktuell keine wissenschaftlich begründeten Empfehlungen für die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln bei Neurodermitis.

Von manchen Nahrungsmitteln raten viele Ärztinnen und Ärzte dagegen konkret ab: Heilkräuter aus der chinesischen Heilkunde sind teilweise mit Schwermetallen belastet, die zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen wie Leberschäden führen können.

Neurodermitis mit der richtigen Ernährung vorbeugen

Konkrete Empfehlungen gibt es dagegen zur Ernährung im Rahmen der Allergieprävention. Diese allgemeinen Richtlinien gelten auch für das Vorbeugen einer Neurodermitis:

  • Für Schwangere und Stillende ist eine gesunde und ausgewogene Ernährung empfehlenswert, ohne Lebensmittel zu meiden. Dabei gibt es Hinweise auf die schützende Wirkung von Gemüse und Früchten, einer mediterranen Ernährung, langkettigen Omega-3-Fettsäuren und Milchfett.
  • In den ersten vier Monaten sollten Kinder ausschließlich gestillt werden. Ist dies nicht möglich oder gewünscht, sollten Kinder mit Allergie-Risiko eine hypoallergene Säuglingsnahrung erhalten.
  • Nach den ersten vier Monaten reiner Muttermilch- oder Flaschenernährung beginnt die Beikosteinführung. Lange wurde empfohlen, diese bei Kindern mit Allergie-Risiko erst nach dem sechsten Monat zu beginnen. Doch dieses Vorgehen hat sich nicht als sinnvoll zur Verhinderung allergischer Erkrankungen erwiesen. Insofern können auch Kinder mit Allergierisiko nach dem vierten Monat mit der Beikost beginnen. Eltern sollten darauf achten, dass die Ernährung entsprechend des vom Forschungsdepartment Kinderernährung entwickelten Ernährungsplans für das erste Lebensjahr ausgewogen und vielfältig ist. Auch hier ist es nicht sinnvoll und gegebenenfalls sogar kontraproduktiv, auf möglicherweise allergene Lebensmittel wie Milch oder Fisch zu verzichten.
  • Weiterhin zu stillen während das Baby bereits Beikost erhält, verbessert die Verträglichkeit der Lebensmittel.

Darüber hinaus deuten Studien darauf hin, dass der Verzehr von Probiotika und Präbiotika Neurodermitis vorbeugen kann. Konkrete Empfehlungen lassen sich aus diesen Hinweisen aber noch nicht ableiten.

Weitere Informationen dazu finden Sie im Kapitel Allergien vorbeugen.

Quellen

Die hier aufgeführten Leitlinien und Aufsätze richten sich, so nicht ausdrücklich anders vermerkt, an Fachkreise. Ein Teil der hier angegebenen Aufsätze ist in englischer Sprache verfasst.

  • Ahrens, F. et al.: ULLAs Praxis – Die Umsetzung der Leitlinie Atopische Dermatitis in die Praxis. In: Pädiatrische Allergologie, 2009, 12 (2): 24-36
  • Fenner, J., Silverberg, N.B.: Oral supplements in atopic dermatitis. In: Clinics in Dermatology, 2018, 36 (5): 653-658
  • Reynolds, K.A. et al.: The role of oral vitamins and supplements in the management of atopic dermatitis: a systematic review. In: International Journal of Dermatology, 2019, doi: 10.1111/ijd.14404
  • Schäfer, T. et al.: S3-Leitlinie Allergieprävention – Update 2014. In: Allergo J Int, 2014, 23: 186-199
  • Venter C. et al.: EAACI Position Paper: Influence of Dietary Fatty Acids on Asthma, Food Allergy and Atopic Dermatitis. In: Allergy, 2019, doi: 10.1111/all.13764
  • Werfel, T. et al.: S2k-Leitlinie Neurodermitis [atopisches Ekzem; atopische Dermatitis]. In: Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft, 2016, 14 (1): e1-e74 (Letzter Abruf: 29.01.2024)
  • www.gesund-ins-leben.de: Sorgen Sie für Abwechslung bei der Beikost! Empfehlungen zur Vorbeugung von Allergien

Letzte Aktualisierung: 31.07.2019