Anaphylaxie

Wissenschaftliche Beratung: Prof. Dr. Regina Treudler

Mit Blaulicht fahrender Rettungswagen
© Nikolas Hoffmann/fotolia

Der Begriff „Anaphylaxie“ bezeichnet in der Fachsprache eine akut auftretende Reaktion, die mehrere Organsysteme  beziehungsweise den ganzen Körper in Mitleidenschaft ziehen kann. Umgangssprachlich ist vor allem der „anaphylaktische Schock“ bekannt geworden, jener Zustand, bei dem Atemnot, Blutdruckabfall sowie Herz- und Kreislaufversagen binnen Minuten nach Kontakt mit einem Allergen zu einer lebensbedrohlichen Lage führen können. Atemstillstand und Herzversagen sind die wesentlichen Ursachen für einen tödlichen Verlauf einer Anaphylaxie.

Entstehung einer Anaphylaxie

Die Anaphylaxie tritt meistens aufgrund einer Allergie vom Soforttyp auf. Dabei aktivieren spezielle Eiweißstoffe im Immunsystem, die IgE-Antikörper, nach Kontakt mit einem Allergen bestimmte Zellen (Mastzellen und basophile Granulozyten), woraufhin diese entzündungsfördernde Botenstoffe ausschütten. Das Histamin ist der wichtigste dieser Botenstoffe. 
Selten kann auch bei Allergien mit verzögerten Reaktionen (Typ II bis Typ IV) eine Anaphylaxie auftreten. Dabei laufen andere Prozesse ohne Beteiligung von IgE-Antikörpern ab, die den fatalen Fehlalarm im Immunsystem auslösen.

Bei den so genannten Pseudoallergien kann es zu einer Anaphylaxie kommen, obwohl gar keine allergische auf der Basis einer Immunreaktion feststellbar ist. Die Entzündungsmechanismen werden hier ohne Beteiligung des Immunsystems direkt aktiviert.
Die Einnahme bestimmter Medikamente kann eine anaphylaktische Reaktion hervorrufen, bis hin zum anaphylaktischen Schock. Diese Medikamente sind, nach Häufigkeit des Auftretens einer Anaphylaxie.

  • leichte Schmerzmittel (nicht-steroidale Antirheumatika, NSAR). Dazu zählen bekannte Mittel wie Acetylsalicylsäure (Aspirin), Diclofenac oder Ibuprofen
  • Antibiotika
  • Lokale Betäubungsmittel (Lokalanästhetika)
  • Röntgenkontrastmittel
  • Magensäuremittel (Protonenpumpenhemmer)
  • Medikamente zur Muskelentspannung (vor allem im Rahmen einer Vollnarkose)
  • Opiathaltige Schmerzmittel
  • Kortisonhaltige Entzündungshemmer (Glukokortikoide)
  • Bluthochdruck- und Herzmedikamente (Betablocker),
  • ACE-Hemmer (eine bestimmte Gruppe von Mitteln gegen Bluthochdruck)

Eine Studie von 2014 analysierte die Daten von 677 Menschen in Deutschland, die nach Medikamenteneinnahme anaphylaktische Reaktionen erlitten hatten. Bei 277 von ihnen waren leichte Schmerzmittel die Ursache, 135 Betroffene hatten Antibiotika genommen. Bei den übrigen Wirkstoffen waren anaphylaktische Reaktionen deutlich seltener. Blutdruck- und Herzmedikamente (Betablocker) waren nur in sieben Fällen für die Anaphylaxie verantwortlich.

Insektengift- oder Medikamentenallergien sind bei Erwachsenen die häufigsten Auslöser einer Anaphylaxie. Bei Erwachsenen waren in einer Studie von 2014 etwa 58 Prozent aller anaphylaktischen Reaktionen auf Insektenstiche (vor allem Wespe, Biene) zurückzuführen. Medikamente und Nahrungsmittel lagen mit 18 und 16 Prozent aller Reaktionen fast gleichauf. Bei Kindern war die Ursache in 58 Prozent der Fälle eine Nahrungsmittelallergie, besonders häufig waren Baum- und Erdnüsse, Hühnerei und Kuhmilch die Auslöser. 28 Prozent aller behandelten Kinder waren von Insekten gestochen worden.

Es gibt auch Fälle, in denen die Anaphylaxie durch eine Kombination von Allergenkontakt und belastenden Begleitumständen verursacht wird. Dazu gehören körperliche Anstrengung (exercise-induced anaphylaxis, häufig bei Nahrungsmittelallergie), Alkohol, Stress oder akute Infekte. Auch die begleitende Einnahme bestimmter Medikamente (zum Beispiel Betablocker, ACE-Hemmer) scheint die Ausprägung der Reaktion zu beeinflussen.

Wissenschaftliche Beratung

Prof. Dr. Regina Treudler
Universitätsklinikum Leipzig, Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Leipziger Centrum für Allergologie (LICA)

E-Mail: Allergie-HautkliniknoSp@m@medizin.uni-leipzig.de

Quellen:

Die hier aufgeführten Leitlinien und Aufsätze richten sich, so nicht ausdrücklich anders vermerkt, an Fachkreise. Ein Teil der hier angegebenen Aufsätze ist in englischer Sprache verfasst.

Letzte Aktualisierung:

04. Dezember 2018