Symptome von Arzneimittelallergien

Die meisten Arzneimittel können bei manchen Menschen allergische Symptome vom Sofort- oder Spättyp hervorrufen. Erste Anzeichen für eine Reaktion des Soforttyps sind

  • Juckreiz
  • Rötungen der Haut (Flush)
  • Nesselsucht-artige Ausschläge (Urtikaria)
  • Schwellungen der Haut (Angioödeme)

Diese Beschwerden können in Einzelfällen in den anaphylaktischen Schock münden. Auch Atem- oder Herz-Kreislauf-System können auftreten, im schlimmsten Fall Atemnot, Blutdruckabfall und Herzstillstand. Rufen Sie den Rettungsdienst unter der Nummer 112!

Indizien dafür, dass möglicherweise eine schwere Reaktion bevorsteht, sind:

  • Schnelligkeit des Auftretens erster Anzeichen
  • Anschwellen der Zunge, Probleme beim Schlucken, Heiserkeit, Globusgefühl („Kloß im Hals“)
  • Großflächige Ausschläge
  • Magen-Darm-Symptome
  • Schwächegefühl, Schwindel

Häufige Allergieauslöser

Frau schiebt mit Daumen und Zeigefinger längliche Kapsel in den Mund. Neben ihr steht ein Glas Wasser
© Kzenon/ fotolia

Zu den Wirkstoffen mit erhöhtem Potential zu Überempfindlichkeitsreaktionen zählen insbesondere:

  • Antibiotika (Penicilline wie z.B. Aminopenicilline, Cephalosporine wie z.B. Cefaclor, Makrolide, Sulfonamide),
  • Nicht-steroidale Antiphlogistika (Schmerzmittel wie Ibuprofen, Paracetamol und Aspirin),
  • Antikonvulsiva (krampflösende Mittel wie Carbamazepin, Phenytoin und Valproat),
  • Kontrastmittel, die bei Röntgen-, CT- und MRT-Aufnahmen eingesetzt werden,
  • Anästhesie: Narkosemittel zur allgemeinen Betäubung, Muskelrelaxantien (Mittel zur Muskelentkrampfung) oder andere verwendete Stoffe (z.B. Latex, Desinfektionsmittel)
  • Antikörper (Immunglobuline),
  • Heparine (Antithrombosemittel),
  • Insulin,
  • Herz-Kreislauf-Medikamente: z.B. ACE-Hemmer,
  • Wirkstoffe in Gichtmedikamenten (z. B. Allopurinol) 

Im Zusammenhang mit ärztlichen Behandlungen treten auch Kontaktallergien gegen medizinische Materialien auf. Ein Beispiel ist die Pflasterallergie.

Soforttyp- und Spättypreaktionen bei Penicillinallergie

Ein bekanntes Beispiel für eine  Allergie vom Soforttyp ist die Penicillinallergie. Kreuzreaktionen mit bestimmten anderen Betalaktam-Antibiotika können vorkommen, wenn sich Strukturmerkmale ähneln. So reagierten bis zu  zehn Prozent der Menschen, bei denen eine Penicillinallergie festgestellt wurde, auch auf ältere Vertreter der verwandten Wirkstoffgruppe der Cephalosporine. Bei jüngeren Produkten dieser Gruppe tritt das Problem kaum noch auf.

Spätreaktionen sind nach der Gabe von Penicillinen ebenfalls möglich. Sie äußern sich am ehesten zwischen dem 8. und 12. Behandlungstag, meist in Form von Ausschlägen, den so genannten Arzneimittelexanthemen. Die zeitliche Variationsbreite ist groß. Es wurde auch schon über das Auftreten von Spätreaktionen nach dem Ende der Behandlung berichtet.

Hautsymptome sind typisch für alle Arzneimittelallergien. Sie können die unterschiedlichsten Formen annehmen und sind nur für Experten unterscheidbar. In dieser Tabelle (s. Anlage) wird versucht, mit Hilfe laienverständlicher Beschreibungen und Fotos die vielen möglichen Hautsymptome einzelnen Medikamentengruppen zuzuordnen.

Schwere Erkrankungsformen

Sehr selten eskalieren diese Hautsymptome zu schweren Erkrankungen. Anzeichen sind:

  • Große Ausdehnung des Arzneimittelexanthems oder flächendeckende Hautrötung (Erythrodermie),
  • Bildung von  Blasen (Bullae) oder Pusteln,
  • Brennen und Schmerzen,
  • Fieber,
  • Schwellungen im Gesicht
  • Schwellungen der Lymphknoten.

Einige dieser Erkrankungen treten nur in Zusammenhang mit Medikamenten auf, andere lassen sich auf unterschiedliche Ursachen zurückführen. Die akute generalisierte exanthemische Pustulose zeigt sich in häufig brennenden, juckenden Hautausschlägen mit Pusteln, die häufig in Körperfalten auftreten. Es handelt sich oft um eine allergische Medikamentenreaktion mit Beteiligung des Immunsystems.

DRESS-Syndrom

Das DRESS-Syndrom ist eine seltene Arzneimittelreaktion mit großflächigem Hautausschlag, der ebenfalls immer in Verbindung mit der Einnahme eines Medikaments steht. Er kann nach der ersten und bis zur vierten Woche der Einnahme beginnen, selten auch erst nach acht Wochen. Damit einher gehen Entzündungsreaktionen in anderen Körperteilen wie der Leber, der Nieren, der Schilddrüse oder dem Nervengewebe sowie der Blutzellen. Typisch sind entzündliche Veränderungen im Blutbild. Es kommt zu hohem Fieber, Schwellungen im Gesicht und Erkrankungen der Lymphknoten.

Steven-Johnson-Syndrom (SJS) / toxische epidermale Nekrolyse (Lyell-Syndrom)

Hier kann es zu einer Ablösung oder zum Absterben großer Hautareale kommen. Die Betroffenen leiden auch unter Fieber, Leber-, Darm- und Lungensymptomen. Wenn weniger als zehn Prozent der Haut befallen sind, spricht man von einem Steven-Johnson-Syndrom (SJS), bei mehr als 30 Prozent von einer toxischen epidermalen Nekrolyse. Diese letzte Form endet in einem Drittel der Fälle tödlich. 

Systemischer Lupus

Der so genannte systemische Lupus (Lupus erythematodes) wird den rheumatischen Erkrankungen zugerechnet. Er gilt als Autoimmunerkrankung, kann aber selten auf Medikamente zurückzuführen sein. Er kann unterschiedliche Organe betreffen, die sich dann jeweils entzünden. Typisch sind Abgeschlagenheit mit und ohne Fieber, Symptome an Gelenken, Muskeln, Nieren oder allgemeine Veränderungen im Blutbild. Wird das verursachende Medikament abgesetzt, bilden sich die Symptome zurück.

Ausschlag nach Einnahme von EGFR-Inhibitoren

EGFR-Inhibitoren sind eine Klasse neuartiger Krebsmedikamente. Sie werden heutzutage verstärkt gegen Darm- und Lungentumore eingesetzt. Oft verbunden mit starkem Juckreiz treten bei vielen Patienten, die mit diesen Medikamenten behandelt werden, spezielle Exantheme auf. Das sind Akne-ähnliche Hautveränderungen in Talgdrüsen-reichen Hautarealen, die entstellend wirken können. Außerdem kommt es zu schmerzhaften Rissen im Mundwinkel (Rhagaden), Hauttrockenheit, Rötungen und zu Entzündungen um die Hand- und  Fußnägel. Viele Patienten sind versucht, wegen dieser belastenden Nebenwirkungen die Krebstherapie abzubrechen, obwohl es zahlreiche Behandlungsmöglichkeiten gibt und die Nebenwirkungen auch einen guten Therapieerfolg gegen den Tumor anzeigen.

Wissenschaftliche Beratung

Prof. Dr. Knut Brockow

Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie am Biederstein

Technische Universität München

knut.brockownoSp@m@mri.tum.de

Quellen:

Die hier aufgeführten Leitlinien und Aufsätze richten sich, so nicht ausdrücklich anders vermerkt, an Fachkreise. Ein Teil der hier angegebenen Aufsätze ist in englischer Sprache verfasst.

Letzte Aktualisierung:

14. November 2018