Zum Hauptinhalt springen
Laktoseintoleranz - Frau mit einem Glas Milch
yavdat - stock.adobe.com

Laktoseintoleranz (Milchzuckerunverträglichkeit)

Wissenschaftliche Beratung:

Dr. Imke Reese, Ernährungsberatung und -therapie Allergologie, München

Wissenschaftliche Beratung:

Dr. Imke Reese, Ernährungsberatung und -therapie Allergologie, München

Grundlagen

Die Laktoseintoleranz ist eine Kohlenhydratverwertungsstörung und gehört wie die Fruktosemalabsorption zu den nicht allergisch bedingten Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Der in Milch enthaltene Zucker wird als Milchzucker oder Laktose (auch "Lactose" geschrieben) bezeichnet und ist ein Zweifachzucker bestehend aus Glukose (Traubenzucker) und Galaktose. Da im Verdauungstrakt aber nur Einfachzucker aufgenommen werden können, muss die Laktose vor der Aufnahme in die Darmzellen zunächst in die beiden Einzelzucker gespalten werden. Diese Spaltung erfolgt über das Enzym Laktase, das in der Schleimhaut des Dünndarms vorkommt.

Formen der Laktoseintoleranz

Primäre Laktoseintoleranz (Hypolaktasie)

Ist die Aktivität des Enzyms Laktase eingeschränkt spricht man von einer primären Laktoseintoleranz oder Hypolaktasie. Die aufgenommene Laktose kann dann nicht vollständig gespalten werden und wandert in tiefere Darmabschnitte weiter. Dort verstoffwechseln Darmbakterien den verbliebenen Milchzucker. Dabei entstehen vor allem Gase, die Blähungen oder einen aufgeblähten Bauch verursachen können. Die Folge können Schmerzen, Krämpfe und Völlegefühl sein. Aber es entstehen auch kurzkettige Fettsäuren, die Durchfall hervorrufen können.

Die Empfindlichkeit gegenüber Laktose ist zum einen individuell unterschiedlich und hängt zum anderen auch stark davon ab, wie schnell die aufgenommene Laktose im Dünndarm landet. Je länger eine laktosehaltige Mahlzeit im Magen verweilt und portionsweise in den Dünndarm entlassen wird, desto eher kann die anflutende Menge an Laktose vollständig vom Dünndarm aufgenommen werden. In einem solchen Fall kommt es zu keinerlei Symptomen.

Die Verweildauer im Magen hängt von der Zusammensetzung der Mahlzeit ab. Eine lange Verweildauer wird durch gleichzeitig verzehrtes Fett, Eiweiß und Ballaststoffe, also durch eine gemüsebetonte Mahlzeit, die mit ausreichend Fett und einer tierischen oder pflanzlichen Eiweißquelle zubereitet ist, begünstigt. Dagegen beschleunigen eine hohe Menge an Zucker und Stärke (zum Beispiel beim Verzehr eines Marmeladentoasts) sowie die Aufnahme von Flüssigkeiten, wie Saft oder Buttermilch die Abgabe an den Dünndarm. Diese Beobachtung kann und sollte man therapeutisch nutzen.

Sekundäre Laktoseintoleranz (Laktosemalabsorption)

Wenn der Dünndarm geschädigt ist oder der Transport des Speisebreis zu schnell erfolgt, kann dies ebenfalls zu einer unvollkommenen Spaltung der Laktose führen, obwohl das Enzym Laktase völlig intakt ist. Der Milchzucker gelangt so ebenfalls in tiefere Darmabschnitte und wird dort durch Bakterien verstoffwechselt. In solchen Fällen spricht man auch von einer sekundären Laktoseintoleranz oder Laktosemalabsorption. Die Verwertungsstörung ist hier jedoch die Folge einer primär vorliegenden anderen Störung.

Eine Schädigung des Dünndarms kann zum Beispiel durch eine unerkannte Zöliakie auftreten. Bei dieser Erkrankung sind die Falten der Darmschleimhaut, die sogenannten Zotten, zerstört. Dadurch kann der Dünndarm die Nährstoffe nicht mehr vollständig aufnehmen und die Laktase verliert den Ort, an dem sie normalerweise die Laktose in Einfachzucker aufspaltet.

Bei einem zu schnellen Transport des Speisebreis passiert die Nahrung die Darmwand so schnell, dass nicht ausreichend Zeit zur Verfügung steht, die Laktose vollständig zu spalten. In diesem Fall ist es besonders wichtig, auf eine ausreichend lange Magenverweildauer zu achten und den Transport durch die Zugabe von löslichen Ballaststoffen zu verlangsamen.

Laktose in der Ernährung

In welchen Lebensmitteln kommt Laktose vor?

Laktose ist der natürliche Zucker in der Milch und als solcher die einzige Kohlenhydratkomponente in allen ungesüßten Milchprodukten. Durch Fermentation und Reifung wird Laktose „verbraucht“, so dass beispielsweise Hartkäse praktisch keine Laktose mehr enthält und auch von Menschen mit Laktoseintoleranz gut vertragen wird. Interessanterweise wird auch stichfester Joghurt häufig gut vertragen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Joghurtbakterien „helfen“, die Laktose im Joghurt abzubauen. Sobald der Joghurt in den Dünndarm gelangt und die Joghurtbakterien optimale Bedingungen haben, um aktiv zu werden, erfolgt die Spaltung der Laktose nicht nur durch die Restaktivität der körpereigenen Laktase, sondern auch durch die der Joghurtbakterien. Doch Vorsicht! Dies gelingt nur eingeschränkt, wenn dem Joghurt noch große Mengen an Milchpulver zugesetzt wurden, um ihn süß und cremig zu machen. Denn Milchpulver enthält ebenfalls Laktose.

Übrigens kommt Milchzucker in allen Säugetiermilchen vor, so dass Schafs- und Ziegenmilch und daraus hergestellt Produkte ebenfalls Laktose enthalten. Allerdings wird Schafsmilchjoghurt häufig besser vertragen, weil er durch seinen relativ hohen Fettgehalt langsamer aus dem Magen in den Darm abgegeben wird und damit mehr Zeit für die Spaltung des Milchzuckers vorliegt.

Ebenso wie in Tiermilchen ist Laktose auch in Muttermilch enthalten. Ihr wird ein günstiger Effekt hinsichtlich der Zusammensetzung der Darmbakterien zugeschrieben. Da Muttermilch als Vorbild für die Herstellung von Flaschennahrungen für Säuglinge dient, ist Laktose auch Inhaltsstoff vieler dieser Nahrungen. In pre-Milch ist explizit nur Laktose als Kohlenhydratkomponente erlaubt.

Neben dem natürlichen Vorliegen von Milchzucker in Milch und Milchprodukten und damit auch in milchhaltigen Produkten wie zum Beispiel süßem Hefegebäck oder Milchschokolade wird dieser auch gern als Süße in Riegeln und anderen Süßigkeiten eingesetzt. Aber auch Fruchtsaftgetränke auf Molkenbasis enthalten Milchzucker.

Laktose beeinflusst Zusammensetzung der Darmbakterien positiv

Auch wenn Laktose bei Menschen mit Laktoseintoleranz in größeren Mengen zu Beschwerden führen kann, wirkt Laktose auch als Präbiotikum, das einen günstigen Einfluss auf die Zusammensetzung der Darmbakterien nimmt. Bei gestillten Säuglingen wird die typische Besiedelung mit Bifidobakterien vor allem auf den auch in Muttermilch enthaltenen Milchzucker zurückgeführt. Insofern muss nicht verhindert werden, dass Laktose in den Dickdarm gelangt. Wenn jedoch unangenehme Beschwerden auftreten, die auf eine Laktoseintoleranz zurückzuführen sind, sollte man die Menge an dort ankommendem Milchzucker so reduzieren, dass keine oder nur noch minimal Symptome auftreten (siehe Behandlung und Vorbeugung).

Verbreitung

Die Verbreitung der Laktoseintoleranz ist weltweit sehr unterschiedlich. Während in Afrika und Asien ein Großteil der Bevölkerung betroffen ist, sind es in Deutschland schätzungsweise etwa 15 von 100 Personen, die an dieser Verdauungsstörung leiden. Ursprünglich war die Menschheit in ihrer Gesamtheit laktoseintolerant. Ausgenommen davon waren Säuglinge und Kleinkinder. Doch im Laufe der ersten Lebensjahre ging die Fähigkeit, Laktose zu spalten, verloren. Vermutlich hing das damit zusammen, dass auch der Konsum von Milch in diesen Jahren zurückging und das Enzym nicht mehr „notwendig“ war. Dies hat sich mit der Verbreitung der Menschen auch in nördlichere Regionen und der Haltung von Milchvieh verändert. Es wurde zum Überlebensvorteil, Milch ein Leben lang zu vertragen, so dass sich Laktosetoleranz durchsetzte.

Doch auch in Deutschland gibt es noch die genetische Veranlagung, dass die Laktose im Laufe des Lebens weniger effektiv arbeitet, so dass größere Mengen an Laktose nicht mehr komplett gespalten werden können. Da Säuglinge und meist auch Kinder mit dieser Veranlagung Laktose aber noch gut vertragen, spricht man auch von einer „late-onset“ Erkrankung. Das heißt, sie bildet sich erst im Verlauf des Lebens aus. Eine angeborene Laktoseunverträglichkeit, eine Alaktasie, ist dagegen sehr selten.

Diagnose

Ähnlich wie bei der Fruktosemalabsorption kann auch bei Verdacht auf Laktoseintoleranz eine Bestätigung durch einen H2-Atemtest erfolgen. Diese Testung basiert darauf, dass bei Verstoffwechslung der Laktose durch Darmbakterien Wasserstoff (H2) entsteht, der dann abgeatmet wird. Die Menge der Abatmung kann mit speziellen Geräten gemessen werden. Allerdings sollte ein solcher Test in einer Praxis oder Klinik durchgeführt werden, die regelmäßig solche Messungen vornimmt.

Vor der Durchführung des Tests sind entsprechende Vorbereitungsmaßnahmen (wie zum Beispiel zwölfstündige Nüchternheit und kein Zähneputzen) zu treffen. Ein Testdurchlauf dauert zwei bis drei Stunden. Nach einer Eingangsmessung der Wasserstoffabatmung, die unterhalb eines bestimmten Bereichs liegen sollte, werden 50 Gramm Laktose gelöst in 300 ml Wasser zügig getrunken. Danach wird in regelmäßigen Abständen erneut die H2-Abatmung gemessen. Zusätzlich werden auftretende Symptome notiert.

Treten Symptome auf, ohne dass sich ein Anstieg der H2-Abatmung messen lässt, ist davon auszugeben, dass es sich bei dem Betroffenen um einen „non-responder“ handelt, der keinen Wasserstoff, sondern vermutlich Methan abatmet. In diesem Fall sind die Symptome ausschlaggebend für die Diagnosestellung.

Ein Ernährungs-Symptom-Tagebuch hilft bei der Diagnosestellung

Bei der Diagnose der Laktoseintoleranz kann es hilfreich sein, ein Ernährungs-Symptom-Tagebuch zu führen. Da Laktose auch versteckt in vielen Produkten vorkommen kann, ist es allerdings für Laien häufig schwierig, ein solches Protokoll auszuwerten. Deshalb ist die Begleitung durch eine Ernährungsfachkraft, die sich auf Nahrungsmittelunverträglichkeiten spezialisiert hat, sinnvoll.

Hinweise auf eine Laktoseintoleranz kann aber auch schon die eigene Beobachtung liefern, dass Milch in größeren Mengen zu Symptomen führt, während gereifte Milchprodukte wie Käse, aber auch stichfester Joghurt einwandfrei vertragen werden.

Behandlung und Vorbeugung

Die Behandlung einer vorliegenden Laktoseintoleranz sollte idealerweise mit Betreuung durch eine allergologisch versierte Ernährungsfachkraft erfolgen. Denn zu häufig werden aus falscher Vorsicht Milchprodukte aus dem Speiseplan gestrichen, die ohne Probleme vertragen würden. Doch langfristig geht es nicht um eine strikte Meidung der Laktose. Das konsequente Weglassen von Milch und Milchprodukten wäre sogar schädlich für die Gesundheit. Denn Milch und Milchprodukte sind der wichtige Lieferant für Kalzium, dessen Bedarfsdeckung so kritisch werden könnte. Außerdem würde es die Lebensqualität einschränken und könnte letztendlich die Empfindlichkeit gegenüber aufgenommener Laktose sogar noch steigen.

Therapeutisch ist eine individuell zusammengestellte laktoseangepasste Ernährung anzustreben, die die individuellen Voraussetzungen, aber auch Ess-Vorlieben des jeweiligen Betroffenen berücksichtigt, und so die Lebensqualität möglichst wenig beeinträchtigt.

Die Ernährungsanpassung bei Laktoseintoleranz erfolgt in drei Stufen

Die Etablierung der langfristigen Ernährung erfolgt auf Basis eines dreistufigen Schemas. Während der ersten Stufe werden Frischmilchprodukte auf laktosefreie Varianten umgestellt und laktosehaltige Produkte deutlich eingeschränkt. Länger gereifte Milchprodukte wie Käse, aber auch Butter enthalten so wenig Milchzucker, dass sie von Anfang an in der Kost belassen werden können. Gleichzeitig werden Lebensmittelauswahl und Essverhaltens ähnlich wie bei der Therapie der Fruktoseintoleranz verbessert. Durch gemüsebetonte Mahlzeiten mit ausreichend hohem Anteil an Fett und Eiweiß wird die Magenverweildauer verlängert, die Abgabe in den Dünndarm portioniert und damit die Kontaktzeit mit der Laktase im Dünndarm verbessert. So kann auch bei einer eingeschränkten Aktivität eine (weitgehende) Spaltung der Laktose erfolgen.

Nach maximal 10 – 14 Tagen ist eine gute Basis für eine zügigen Kostaufbau geschaffen. Nach und nach werden kleine Mengen an Laktose in die Kost integriert und langsam gesteigert, so dass eine Ermittlung der individuellen Verträglichkeit gelingt. Im Zuge des Kostaufbaus kann dann auch stichfester Joghurt ausprobiert und auf Verträglichkeit getestet werden. Allerdings sollten die optimierte Lebensmittelauswahl und das verbesserte Essverhalten beibehalten werden. Der Kostaufbau sollte individuelle Vorlieben berücksichtigen und gleichzeitig eine bedarfsgerechte Ernährung sichern. Diese zweite Stufe geht in die langfristige Dauerernährung, Stufe 3, über.

Ziel dieser Stufentherapie ist die Symptomfreiheit des Betroffenen bei hoher Lebensqualität und maßvollem Laktoseverzehr. Dabei geht es vor allem darum, das Wissen zu vermitteln, wie eine solche erreicht werden kann.

Weiterführende Informationen zur Laktoseintoleranz

Quellen

  • Kleine-Tebbe, J., et al.: Nahrungsmittelallergien und andere -unverträglichkeiten. Bedeutung, Begriffe und Begrenzung. In: Bundesgesundheitsbl 2016; 59: 705–722

  • Reese, I., et al.: Diätetik in der Allergologie. 5. ed. München-Deisenhofen: Dustri-Verlag Karl Feistle, 2017

  • Schäfer, C.: Ernährungstherapie bei Kohlenhydratmalassimilationen: Strukturen und Stolpersteine. In: Reese, I., Schäfer, C.: (eds). Ernährungstherapie bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Vol. 1. München-Deisenhofen: Dustri-Verlag Karl Feistle, 2018;249-270.

Letzte Aktualisierung: 30. Juni 2020