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Neurodermitis
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Die Diagnose von Neurodermitis (atopisches Ekzem)

Bei der Diagnose einer Neurodermitis haben Ärztinnen und Ärzte zwei Aufgaben. Sie müssen feststellen, ob überhaupt eine Neurodermitis vorliegt, und dann ergründen, welche Allergene oder anderen Faktoren die Hautveränderungen auslösen. Die zweite Aufgabe kann einem Detektivspiel ähneln, weil zahlreiche Umwelteinflüsse in Frage kommen.

Wissenschaftliche Beratung:

Prof. Dr. Claudia Traidl-Hoffmann, UNIKA-T Augsburg/TU München, Institut für Umweltmedizin

E-Mail: claudia.traidl-hoffmann@tum.de

Bei der Diagnose einer Neurodermitis haben Ärztinnen und Ärzte zwei Aufgaben. Sie müssen feststellen, ob überhaupt eine Neurodermitis vorliegt, und dann ergründen, welche Allergene oder anderen Faktoren die Hautveränderungen auslösen. Die zweite Aufgabe kann einem Detektivspiel ähneln, weil zahlreiche Umwelteinflüsse in Frage kommen.

Wissenschaftliche Beratung:

Prof. Dr. Claudia Traidl-Hoffmann, UNIKA-T Augsburg/TU München, Institut für Umweltmedizin

E-Mail: claudia.traidl-hoffmann@tum.de

Die Erstdiagnose ist meist vergleichsweise einfach. Der Arzt oder die Ärztin wird sich in der Regel die Haut am ganzen Körper ansehen und auf die typischen Kriterien einer Neurodermitis achten.

Diese sind:

  • Die für das Alter der Betroffenen charakteristische Verteilung der Ekzeme am Körper.
  • Das Aussehen der Hautveränderungen. Bei Säuglingen erkennt man häufig Milchschorf, bei Kleinkindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist die Haut verdickt, rissig und sehr trocken. Ältere Erwachsene haben häufig kleine Knötchen, die so genannte Prurigo-Form der Neurodermitis.
  • Typisch ist auch, dass die Haut nach dem Kratzen weiß wird. Gesunde Haut rötet sich, wenn man kratzt.

Bereits 1980 haben schwedische Autoren einen Katalog von Symptomen zusammengetragen, die bei einer Neurodermitis gleichzeitig auftreten müssen. Von den vier Hauptmerkmalen müssen drei vorhanden sein:

  • Jucken
  • bei Erwachsenen entzündliche Hautveränderungen an den Innenseiten von Armen und/oder Beinen, bei Kindern im Gesicht und an den Streckseiten von Armen oder Beinen
  • chronische oder immer wiederkehrende Entzündungen
  • andere Haut- oder Atemwegsallergien in der Familie

Darüber hinaus gibt es zahlreiche Nebensymptome, von denen mindestens drei vorhanden sein müssen. Insgesamt listen die Autoren 27 Diagnosekriterien auf.

Zudem wird der Arzt oder die Ärztin viele Fragen stellen. Man nennt diese Befragung auch Anamnese. Wichtig ist, ob die Ekzeme bereits chronisch sind beziehungsweise immer wieder kehren, und ob die Betroffenen oft starken Juckreiz verspüren. Beides sind Hauptindizien für eine Neurodermitis. Auch das Vorhandensein von Neurodermitis oder einer anderen Erkrankung des atopischen Formenkreises in der Familie (AsthmaHeuschnupfenHausstaubmilben- oder Nahrungsmittelallergie) weist in diese Richtung.

Welche Faktoren verschlechtern die Neurodermitis?

Einige Ärztinnen und Ärzte empfehlen den Betroffenen oder ihren Eltern, ein Symptom-Tagebuch (PDF, 121 KB) zu führen, um herauszufinden, wann sich die Beschwerden verschlimmern. Andererseits kann die ständige Beschäftigung mit der Neurodermitis dazu führen, dass sie sich verschlimmert – ein Grund, weshalb manche Expertinnen und Experten die genaue Ursachenforschung per Tagebuch kritisch sehen. Hinzu kommt, dass die Neurodermitis primär eine Barrierestörung ist, die weiter getriggert werden kann. Selbst ein komplettes Vermeiden von Auslösern wird die Neurodermitis nicht komplett beseitigen.

Um festzustellen, ob die Neurodermitis möglicherweise von Allergenen aus der Luft oder in Nahrungsmitteln verschlechtert wird, helfen verschiedene Tests. Als Erstes kommt in der Regel ein Pricktest. Dabei wird eine geringe Menge einer Allergenlösung auf die Haut aufgetragen und die Haut anschließend oberflächlich angeritzt. Das Testergebnis ist nach 15 bis 20 Minuten ablesbar: Jedes Mal, wenn die Haut anschwillt und sich rötet, weist dies auf eine Sensibilisierung gegenüber den getesteten Allergenen hin. Der Pricktest kann auch schon bei Säuglingen durchgeführt werden.

Eine weitere Möglichkeit ist ein Labortest zur Bestimmung der IgE-Antikörper im Blutserum. Hierdurch lässt sich feststellen, ob deren Zahl insgesamt beziehungsweise der Anteil spezifischer IgE-Antikörper gegen bestimmte Allergene erhöht ist.

Der sogenannte Atopie-Patch-Test, eine Sonderform des Epikutantests, liefert Hinweise darauf, welche Allergene eine bestehende Neurodermitis verschlimmern. Falls der Rücken ekzemfrei ist, wird dort für 24 bis 48 Stunden ein Pflaster aufgebracht. Auf diesem Pflaster befinden sich in Vaseline gelöste Allergene. Das können Inhalationsallergene wie Pollen oder Tierhaare sein, aber auch Lebensmittelallergene. Eine ekzemartige Reaktion nach 48 bis 72 Stunden weist auf das verantwortliche Allergen hin. Der Atopie-Patch-Test wird jedoch nicht routinemäßig durchgeführt.

Ein Provokations- oder Belastungstest kann weiteren Aufschluss geben und dazu beitragen, den Zusammenhang zwischen Auslöser und dem Auftreten von Symptomen zu bestätigen. Steigende Mengen eines mutmaßlichen Allergens werden entweder gegessen (orale Provokation), eingeatmet, an der Nasenschleimhaut oder den Augen aufgebracht. Stimmen die Krankheitszeichen überein mit den Ergebnissen von Anamnese, Blut- und/oder Hauttests, kann auch so mit relativer Sicherheit ein Allergen identifiziert werden. Wegen der Möglichkeit gefährlicher systemischer Reaktionen muss ein Provokationstest immer unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt werden.

Expertinnen und Experten raten, den Verdacht auf eine der Neurodermitis zugrunde liegende Nahrungsmittelallergie mit Provokationstests zu untermauern. Ideal ist, wenn dabei weder Kind und Eltern noch Facharzt oder Fachärztin wissen, ob gerade mit einem richtigen Nahrungsmittel oder mit einem Placebo getestet wird (Doppelblind-Versuch). Das Vorhandensein spezifischer IgE-Antikörper im Blut reicht alleine nicht aus. Eine nur darauf gestützte Diät kann zur Fehlernährung der Betroffenen führen.

Quellen

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Letzte Aktualisierung:

09.11.2018