Zum Hauptinhalt springen
Patientenschulung
Photographee.eu - stock.adobe.com

Patientenschulungen stärken die Eigenkompetenz

Patientenschulungen sind ein wichtiger Baustein in der Behandlung chronischer Erkrankungen. Denn je mehr man über die eigene Erkrankung weiß, umso besser kann man sie bewältigen. Das nötige medizinische Hintergrundwissen hilft zu verstehen, wie sie entsteht und welche Behandlung auf welche Weise wirkt. Die Empfehlungen des Arztes oder der Ärztin zuverlässig umzusetzen und Medikamente nach verordnetem Schema einzunehmen, fällt damit leichter (Compliance oder Adhärenz).

Wissenschaftliche Beratung:

Prof. Dr. Thomas Werfel, Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e.V.
c/o MHH, Klinik für Dermatologie, Allergologie und Venerologie

E-Mail: Werfel.Thomas@mh-hannover.de

Patientenschulungen sind ein wichtiger Baustein in der Behandlung chronischer Erkrankungen. Denn je mehr man über die eigene Erkrankung weiß, umso besser kann man sie bewältigen. Das nötige medizinische Hintergrundwissen hilft zu verstehen, wie sie entsteht und welche Behandlung auf welche Weise wirkt. Die Empfehlungen des Arztes oder der Ärztin zuverlässig umzusetzen und Medikamente nach verordnetem Schema einzunehmen, fällt damit leichter (Compliance oder Adhärenz).

Wissenschaftliche Beratung:

Prof. Dr. Thomas Werfel, Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e.V.
c/o MHH, Klinik für Dermatologie, Allergologie und Venerologie

E-Mail: Werfel.Thomas@mh-hannover.de

Patientenschulungen: Wichtig für den Erfolg der Therapie

Gerade bei chronischen Krankheiten ist diese zuverlässige Mitarbeit entscheidend für den Erfolg der Therapie. Analysen zeigen aber, dass durchschnittlich jede/r vierte Betroffene sich nicht an seine/ihre Verordnungen hält, bei Langzeitbehandlungen sogar jede/r zweite.

Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) meldet, dass sich selbst in den entwickelten Ländern nur die Hälfte der chronisch Kranken an ärztliche Empfehlungen hält. So werden Medikamente nicht zum empfohlenen Zeitpunkt, oder nicht in der vorgegebenen Dosierung eingenommen, oder es wird nach eigenem Ermessen die Dosis verändert.

Den Betroffenen ist dabei oft nicht klar, dass die Folgen mangelnder Therapietreue schwerwiegend sein können: von fehlender Wirksamkeit über teils schwere Verschlechterungen des Krankheitsverlaufs bis hin zu einem erhöhten Sterblichkeitsrisiko.

Gründe, aus denen sich Patienten nicht an Therapievorgaben halten, sind unter anderem:

  • fehlendes Vertrauen in die Therapie,
  • Angst vor Nebenwirkungen oder
  • mangelndes Wissen über die Erkrankung.

Was sind die Ziele von Patientenschulungen?

In Schulungen vermitteltes Wissen stärkt nachweislich das Vertrauen in die Therapie. Darüber hinaus erfahren Betroffene, was sie selbst dazu beitragen können, damit es ihnen besser geht und welche Änderungen im Lebensstil gegebenenfalls nötig sind, damit keine weitere Verschlechterung oder Rückfälle eintreten. Sie werden dadurch in die Lage versetzt, kompetent, informiert und selbstsicher über die eigene Lebensführung zu entscheiden (Empowerment).

Nach der Schulung sollte der/die Betroffene zum Selbstmanagement in der Lage sein. Dies bedeutet:

  • im Alltag selbstständig mit seiner/ihrer Erkrankung umzugehen,
  • drohende Verschlechterungen an sich selbst zu erkennen
  • und dann rechtzeitig Gegenmaßnahmen zu ergreifen beziehungsweise sich gezielt medizinische Hilfe zu holen.

Patientenschulungen: Wissensvermittlung, Motivation und psychologische Betreuung

Die Schulungen beinhalten aber nicht allein die Wissensvermittlung, sondern ganz wesentlich Motivation und psychologische Betreuung. In Gruppenprogrammen lernen sich Betroffene  untereinander kennen, fühlen sich nicht mehr allein und unterstützen sich gegenseitig.

Studien haben gezeigt, dass geschulte Patienten

  • sich enger an die ärztliche Therapie halten,
  • weniger Medikamente benötigen,
  • mehr Vertrauen zu ihrem Arzt, zur Therapie und zur Wirkung der Medikamenten haben,
  • weniger häufig in Notfallsituationen kommen, seltener ins Krankenhaus eingewiesen werden und dort kürzere Aufenthaltszeiten benötigen,
  • weniger Fehlzeiten am Arbeitsplatz und in der Schule aufweisen,
  • leistungsfähiger sind und eine höhere Lebensqualität empfinden.

Asthmaschulung

Schulungsprogramme gibt es speziell für Kinder und Jugendliche von 5 bis 18 Jahren, deren Eltern sowie für erkrankte Erwachsene. Die Kosten übernehmen die Krankenkassen. Ist der/die Betroffene über seinen/ihren behandelnden Arzt in das strukturierte Behandlungsprogramm Asthma bronchiale eingeschrieben (Disease-Management-Programme, DMP), sind die Schulungen Bestandteil des Programms.

Asthmaschulungen werden von zahlreichen qualifizierten Kliniken und Arztpraxen angeboten. Das Schulungsteam besteht aus Ärzten, Psychologen, Pädagogen, Sport- und Physiotherapeuten, die ein Trainerzertifikat der Arbeitsgemeinschaft Asthmaschulung im Kindes- und Jugendalter e. V. (AGAS) absolviert haben.

Inhalte der Asthma-Schulungen

Die Asthma-Schulungen beantworten unter anderem folgende Fragen:

  • Wie entsteht Asthma und wie kann es behandelt werden?
  • Was passiert bei einem Asthmaanfall und wie gehe ich mit Ängsten um?
  • Was löst mein Asthma aus und wie vermeide ich das?
  • Welche Anzeichen gibt mein Körper und wie erkenne ich sie?
  • Was ist ein Peak-Flow-Meter?
  • Wie führe ich ein Asthma-Tagebuch?
  • Welche Atemtechniken helfen mir?
  • Was tue ich im Notfall?

Die AG Asthmaschulung im Kindes- und Jugendalter e.V. (AGAS) hat die Standards zur Asthmaschulung in Deutschland entwickelt.

Neurodermitisschulung

Neben der medikamentösen Therapie gehört die Teilnahme an einer Schulung zu den ersten Empfehlungen bei Neurodermitis. Für Kinder und deren Eltern sowie erkrankte Erwachsene gibt es jeweils spezielle Angebote. Die Kosten werden in der Regel auf Antrag von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Das Schulungsteam besteht aus Hautärzten, Psychologen und Ernährungsfachkräften.

Inhalte der Neurodermitis-Schulungen

Neurodermitis-Schulungen beantworten vor allem folgende Fragen:

  • Was sind Neurodermitis und Allergie?
  • Welche Auslöser gibt es?
  • Wie vermeide ich schädliche Umwelteinflüsse, Stress oder mechanische Reize?
  • Welche Therapien gibt es und wie pflege ich meine Haut?
  • Welche Lebensmittel sind erlaubt?
  • Wie bekomme ich den Teufelskreis aus Juckreiz und Kratzen in den Griff?

Die Neurodermitis-Schulungen sollen den Qualitätsvorgaben der Arbeitsgemeinschaft Neurodermitis-Schulung e.V. (AGNES) sowie der Arbeitsgemeinschaft Neurodermitisschulung für Erwachsene (ARNE) entsprechen.

Anaphylaxieschulung

Anaphylaxien sind die stärksten und schwersten allergischen Reaktionen des Körpers. Sie treten innerhalb von Minuten auf und können sehr schnell lebensbedrohlich werden. Da sich ein Notfall zumeist im häuslichen oder beruflichen Umfeld ereignet, müssen sich Betroffene zunächst selbst helfen, bis ein Notfall-Rettungsteam eintrifft.

Eine detaillierte Schulung, was in einer Notsituation genau zu tun ist, ist unbedingt erforderlich. Betroffene wissen oft gar nicht, dass zum Beispiel ein Notfall-Pen verschrieben wird, wie er anzuwenden ist oder haben Angst, ihn falsch einzusetzen. Zentrale Schulungsinhalte sind daher die Anwendung von Notfallmedikamenten einschließlich praktischer Übungen. Auch der Umgang mit Ängsten wird geübt.

Die Anaphylaxie-Schulungen werden an zwei Tagen von einem Team aus Ärzten, Psychologen und Ernährungsberatern mit Eltern, Kindern (8-12 Jahre), Jugendlichen (13-18 Jahre) und Erwachsenen in eigenen Gruppen durchgeführt. Auch für Kindergarten- und Schulpersonal gibt es Kurse.

Die Arbeitsgemeinschaft Anaphylaxie Training und Edukation e. V. (AGATE) (www.anaphylaxieschulung.de) hat ein standardisiertes Trainingsprogramm entwickelt und bundesweit etabliert.

Die Kosten von 200 bis 400 Euro werden von den gesetzlichen Krankenkassen noch nicht grundsätzlich erstattet, da die Anaphylaxie von ihnen nicht als chronische Erkrankung eingestuft wird. Viele Kassen übernehmen jedoch freiwillig auf Antrag den Betrag. Eine Anfrage lohnt sich daher.

Quellen

Die hier aufgeführten Leitlinien und Aufsätze richten sich, so nicht ausdrücklich anders vermerkt, an Fachkreise. Ein Teil der hier angegebenen Aufsätze ist in englischer Sprache verfasst.

  • Abholz H. H. et al.: Nationale Versorgungsleitlinie (NVL) Asthma. In: AWMF-Leitlinien-Register Nr. nvl-002 (in Überarbeitung, letzter Abruf: 30.01.2024)
  • Baur, X. et al.: Guidelines for the management of work-related asthma. Eur Respir J. 2012; 39(3):529-45
  • Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Aktionsplan Allergien - Allergieportal. (eingestellt am 31.12.2012)
  • Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin (Hrsg.): Spezifische Immuntherapie bleibt effektivste kausale Therapie (Letzter Abruf: 30.01.2024)
  • Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI) et al. (Hrsg.): Leitlinie Anaphylaxie, Akuttherapie und Management (Letzter Abruf: 30.01.2024)
  • Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beratungsmedizin (Hrsg.): Patientenschulung (Letzter Abruf: 30.01.2024)
  • Deutsche Haut- und Allergiehilfe (Hrsg.): Behandlungskonzept (Letzter Abruf: 30.01.2024)
  • Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin (Hrsg.): Anaphylaxie Schulungen jetzt bundesweit (Letzter Abruf: 30.01.2024)
  • Fischer, P.: Berufswahl bei Allergien der Atemwege und Asthma. In: Pädiatrische Allergologie in Klinik und Praxis, 2000, 03: a27-28 (aktualisiert 1/2008)
  • Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Gefährdung durch Hautkontakt – Ermittlung, Beurteilung, Maßnahmen (TRGS 401) (Letzter Abruf: 30.01.2024)
  • Informationen zur Berufsdermatologie der Arbeitsgemeinschaft für Berufs- und Umweltdermatologie (ABD) e.V. (Letzter Abruf: 30.01.2024)
  • Kompetenznetz Patientenschulung im Kindes- und Jugendalter (Letzter Abruf: 30.01.2024)
  • Molin, S. et al.: Smoking is associated with combined allergic and irritant hand eczema, contact allergies and hyperhidrosis. In: Journal of the European Academy of Dermatology and Venereology, 2015, 29 (12): 2483–2486, DOI: 10.1111/jdv.12846
  • Osterloh, F.: Therapietreue: Verweigerer und Kalkulierer. In: Deutsches Arzteblatt, 2012, 109(17)
  • Radon, K. et al. (2014): Damit der Traumberuf kein Albtraum wird. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BauA) (Hrsg), ISBN 978-3-88261-704-7
  • Radon, K. et al.: Berufsberatung allergiekranker Jugendlicher. In: Deutsches Ärzteblatt, 2016, 113 (31-32): 519-524
  • Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Ratgeber für die medizinische Berufsberatung allergiekranker Jugendlicher
  • Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Aktionsplan Allergien - Allergieportal. (eingestellt am 31.12.2012)
  • Raulf-Heimsoth, M.: Berufliche Allergien der Haut und Lunge. In: IPA-Journal, 2013, 01: 32
  • Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Sensibilisierende Stoffe für die Atenwege (TRGS 406) (Letzter Abruf: 30.01.2024)
  • Simons, S. et al.: Non-Compliance -Therapietreue dauerhaft verbessern. In: Pharmazeutische Zeitung, 2007, 47
  • Starostzik, C.: Handekzem – Tabak als Triggerfaktor? In: Ärztezeitung vom 14. 01.2015
  • Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Gesundheitsberichterstattung des Bundes „Spezialbericht Allergien, 2000“  (Letzter Abruf: 30.01.2024)
  • Straff, W.: Luftgetragene Kontaktallergene – häufige Ursache von Ekzemen? – ÖGD-Fortbildung 2007
  • Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS)
  • Verein Zentrum Patientenschulung (Letzter Abruf: 30.01.2024)

Letzte Aktualisierung:

13. März 2017