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Krankheitsbilder Beruf und Allergie
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Krankheitsbilder berufsbezogener Allergien

Wissenschaftliche Beratung:

Dr. Heidrun M. Thaiss, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

E-Mail: leitung@bzga.de

Wissenschaftliche Beratung:

Dr. Heidrun M. Thaiss, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

E-Mail: leitung@bzga.de

Berufsbezogene Atemwegserkrankungen

Etwa 15 Prozent aller Asthmaerkrankungen bei Erwachsenen werden mit der beruflichen Tätigkeit in Zusammenhang gebracht. Berufsbezogene Allergien der Atemwege können durch eine Vielzahl unterschiedlicher Allergene am Arbeitsplatz verursacht werden.

Heute sind mehr als 400 Substanzen bekannt, die entweder aufgrund schädlicher oder reizender Stoffe zu irritativem, also die Atemwege reizenden, oder aufgrund von Fehlreaktionen des Immunsystems zu allergischem Asthma oder anderen Lungenerkrankungen führen können.

Das höchste Risiko für eine allergische berufsbezogene Atemwegserkrankung (pdf, 126 KB) tragen Menschen, die organische Stäube einatmen müssen. Mehl, Mehlprodukte, Teige und Backwaren, die typischen Auslöser des „Bäckerasthmas“ sind insgesamt mit mehr als 60 Prozent die häufigsten Auslöser einer berufsbezogenen Atemwegserkrankung.

Aber auch Nutz- und Labortierstäube, Futtermittelstäube und Stäube, die Waschmittelenzyme enthalten, sowie Holzstäube können eine allergische Atemwegserkrankung hervorrufen.

Weitere mögliche Ursachen einer allergischen Atemwegserkrankung sind:

  • Isocyanate (ein Grundstoff bei der Herstellung von Polyurethanschaum)
  • Säureanhydride (zur Herstellung von Plastik, Klebstoffen oder Silikonimplantaten)
  • Metalle
  • Schimmelpilze und -sporen
  • Ammoniumpersulfate, Dämpfe von Wasch-, Bleich- und Fixiermitteln (im Friseurhandwerk)
  • Desinfektionsmittel
  • Arzneistoffe

Meldungen berufsbezogener allergischer Atemwegserkrankungen kommen aus den Branchen:

  • Nahrungs- und Genussmittelherstellung
  • Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege
  • Metall- und Holzverarbeitung
  • Handel und Verwaltung
  • Abfall- und Müllverwertung
  • Landwirtschaft mit Getreideanbau und Tierhaltung

Veränderungen in Arbeitsprozessen sowie die Einführung neuer Arbeitsstoffe und Verfahren können darüber hinaus zu weiteren Allergenbelastungen und damit auch zusätzlichen Sensibilisierungen führen.

Experten raten nur Betroffenen, die bereits unter allergischem Asthma leiden, von Berufen ab, die mit einem hohen Allergie-Risiko verbunden sind. Das Risiko einer Sensibilisierung steigt mit der Exposition, das heißt dem Ausmaß, in dem jemand den Allergenen ausgesetzt ist. In den ersten zwei bis drei Jahren nach Beginn der gefährdenden Tätigkeit scheint es am höchsten zu sein.

Berufsbedingte Hauterkrankungen

Noch häufiger als Atemwegserkrankungen zeigen sich berufsbezogene Gesundheitsstörungen an der Haut. Sie stehen an der Spitze der gemeldeten berufsbedingten Erkrankungen. Mehr als neun von zehn gemeldeten Verdachtsfällen betreffen Kontaktekzeme, die auf irritativen, das heißt hautreizenden und/oder allergischen Reaktionen beruhen. Etwa ein Drittel der Kontaktekzeme sind allergisch bedingt.

Prinzipiell können beruflich verursachte Kontaktekzeme an allen Körperstellen auftreten, die mit den auslösenden Stoffen in Berührung kommen. In mehr als 90 Prozent der Fälle sind die Hände betroffen. Weitere typische Stellen sind die Unterarme, die Füße sowie das Gesicht. 

Auch hier gibt es Berufe mit einem hohen Risiko für spezifische Sensibilisierungen (pdf, 32 KB). Besonders häufig betroffen sind:

  • Angehörige von Pflegeberufen
  • Friseurinnen und Friseure
  • KFZ-Mechaniker und -mechanikerinnen
  • Beschäftigte in der Kunststoff- und Metallverarbeitung
  • Beschäftigte in Bauberufen (Maurer, Fliesenleger)
  • Beschäftigte im Maler- und Lackiererhandwerk
  • Reinigungskräfte

Menschen, die mit ihren Händen sehr viel in feuchter Umgebung arbeiten müssen, erhöhen ihr Risiko für Hautschäden. Gleiches gilt für Beschäftigte, die längere Zeit feuchtigkeitsdichte Schutzhandschuhe tragen müssen. Beim Reinigungspersonal beispielsweise bereitet die ständige Feuchtigkeit quasi den Boden für irritative und allergische Hautekzeme.

Frauen häufiger betroffen

Mehrere Studien in westlichen Ländern, darunter auch Deutschland ergaben, dass Frauen häufiger an berufsbedingten Hauterkrankungen leiden als ihre männlichen Kollegen. So zeigte etwa eine Studie aus Deutschland, dass Bäckerinnen, Konditorinnen und Köchinnen im Vergleich zu männlichen Arbeitskollegen höhere Erkrankungsraten berufsbedingter Hauterkrankungen einschließlich Kontaktdermatitis aufwiesen. Ein Risikofaktor für die Entstehung von Kontaktallergien insbesondere an den Händen sind berufliche Tätigkeiten, bei denen die Haut oft Kontakt zu feuchtem Milieu (Wasser und/oder Reinigungsmittel) hat. Solche Tätigkeiten werden von Frauen häufiger verrichtet. Somit ist es nicht überraschend, dass sie mehr zu Kontaktallergien neigen. Hinzu kommt, dass in Berufen mit sehr hohem Risiko für Kontaktallergien wie Friseurhandwerk, Reinigungsdienste, Gastronomie oder Kranken-/Altenpflege überwiegend Frauen tätig sind. Einer Studie aus Dänemark zufolge waren unter in einem Fünfjahreszeitraum untersuchten Ekzempatientinnen und -patienten zu zwei Dritteln Frauen betroffen.

Quellen

Die hier aufgeführten Leitlinien und Aufsätze richten sich, so nicht ausdrücklich anders vermerkt, an Fachkreise. Ein Teil der hier angegebenen Aufsätze ist in englischer Sprache verfasst.

  • Agner, T., Held E.: Skin Protection Programmes In: Contact Dermatitis, 2002, 46: 253–256
  • Amt für Arbeitsschutz, Stadt Hamburg (Hrsg.): Epoxidharz-Systeme - Ein Leitfaden zur Gefährdungsbeurteilung mit Hinweisen auf Schutzmaßnahmen, August 2006
  • Berufsgenossenschaft der keramischen und Glas-Industrie (Hrsg.): Arbeitsmedizinisches Kolloquium Bad Reichenhall 2005 In: Berufskrankheiten in der keramischen und Glas-Industrie, Heft 43, 2005
  • Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Hrsg.): Merkblatt zur BK Nr. 5101 - Schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. In: Bundesarbeitsblatt 6/96,  22 ff.
  •  Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Hrsg.): Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit 2014. Unfallverhütungsbericht Arbeit
  • Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Hrsg.): Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS 907): Verzeichnis sensibilisierender Stoffe und von Tätigkeiten mit sensibilisierenden Stoffen, November 2011
  • Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Hrsg.): Technische Regeln für biologische Arbeitsstoffe und Gefahrstoffe (TRBA/TRGS 406): Sensibilisierende Stoffe für die Atemwege, Juni 2008
  • Bundesministerium für Arbeit (Hrsg.): Merkblatt zur BK Nr. 4301. Durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen, (einschließlich Rhinopathie), die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. In: Bundesarbeitsblatt 7/8, 1979
  • Darsow U., Raap U. (Hrsg.): Allergologie kompakt. Dustri-Verlag, München-Deisenhofen, 2016
  • Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGVU): DGUV-Statistiken für die Praxis 2015 (Letzter Abruf: 31.01.2024)
  • Diepgen, T. et al.: Empfehlung zur Begutachtung von arbeitsbedingten Hauterkrankungen und Hautkrebserkrankungen – Bamberger Empfehlung. In: Dermatologie in Beruf und Umwelt, 2016, 64 (3),  89-136
  • Diepgen, T.: Berufliche Rehabilitation von hautkranken Beschäftigten, in: Deutsches Ärzteblatt 93Heft 1–2, 8. Januar 1996, S. A 31 – A 40
  • IG Metall Hrsg.: Berufskrankheiten – Hürdenlauf zur Anerkennung. In: Fachinformationen zur Arbeitsgestaltung Nr. 37, Juni 2013
  • Latza, U. et al.: Berufsbedingte, allergische und irritative obstruktive Atemwegserkrankungen im gewerblichen Bereich: Geschlechtssensitive Identifikation von Präventionspotenzialen. In: ErgoMed Nr. 1/2007
  • Lienhard, A.: Diagnostik der Proteinkontaktdermatitis,. In: medicos Nr. 2/2012,  16, 17
  • Radon, K. et al.: Berufsberatung allergiekranker Jugendlicher. In: Deutsches Ärzteblatt, 2016, 113 (31-32),  519 – 524
  • Raulf M. et al.: Inhalationsallergien am Arbeitsplatz: Bedeutung, Diagnostik und Prävention. In: ASU Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2014; 49: 284-292
  • Raulf M et al.: Berufliche Allergien: Inwieweit spielen Genderaspekte eine Rolle? In: Allergologie, 2017, 40: 117-127
  • Schnuch, A. et. al.: Untersuchungen zur Verbreitung umweltbedingter Kontaktallergien mit Schwerpunkt im privaten Bereich. UBA-Forschungsbericht 299 61 219, 2004, S. 75
  • Skudlik, C., John, S.M. Berufsbedingte allergische Kontaktekzeme – was Betriebsärzte wissen sollten. In: Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed, 2014, 49: 247-252
  • Sonsmann, F. et al.: Berufsbedingte Hautkrankheiten im Friseurhandwerk. Medizinisches Grundlagendokument zum EU-Projekt SafeHair 2.0 (Letzter Aufruf: 29.03.2017)
  • Allergierisikorechner (letzter Abruf am 31.01.2024)

Letzte Aktualisierung:

29. März 2017