Verbreitung der Latexallergie
Wissenschaftliche Beratung: Prof. Dr. Dennis Nowak und Dr. Caroline Quartucci

Studien zeigen weltweit eine große Schwankungsbreite von Latexallergien und -sensibilisierungen, abhängig auch von den Möglichkeiten, Alternativprodukte zu beschaffen. So ergab sich im Iran eine Rate von 17,9 Prozent an Latexallergikerinnen und -allergikern unter den Angehörigen medizinischer Fachberufe. In den USA waren nur fünf Prozent aller Angehörigen dieser Berufsgruppe betroffen. Im weltweiten Durchschnitt reagieren 9,7 Prozent aller Angehörigen medizinischer Berufe allergisch auf Latex; weitere 12,4 Prozent sind sensibilisiert. Für Deutschland gibt es keine aktuellen Zahlen.
Die Gefahr einer Latexallergie ist in medizinischen Berufen auch heute noch höher als in der Gesamtbevölkerung ohne berufsbedingten Kontakt mit Latex-Produkten. Dort wird mit etwa zwei, nach anderen Angaben bis zu sechs Prozent Betroffenen gerechnet.
Schutzmaßnahmen in der Medizin zeigen Wirkung
Gut zu wissen:
Der Einsatz gepuderter Latexhandschuhe ist nicht nur in deutschen Kliniken, sondern auch in Arzt- und Zahnarztpraxen sowie Pflegeeinrichtungen verboten.
Angehörige medizinischer Berufe kommen besonders häufig mit Latex-Produkten in Berührung. Geeignete Schutzmaßnahmen, insbesondere die Vorschrift, auf ungepuderte, allergenarme oder latexfreie Handschuhe umzustellen, führte im medizinischen Bereich zu einem fast vollständigen Rückgang der Meldungen eines Verdachts auf eine Berufskrankheit durch Latex.
Sensibilisierung im Krankenhaus
Weitaus höher liegt die Rate immer noch bei Menschen mit Krankheiten oder Operationen, die einen häufigen Kontakt mit medizinischen Latexprodukten nach sich ziehen. Häufig zitiert wird das Beispiel der Patientinnen und Patienten mit Spina bifida. Bei dieser angeborenen Fehlbildung spalten sich die Wirbelkörper und Teile des Rückenmarks sowie des Nervengewebes liegen frei. Die Betroffenen müssen schon als Babys oft mehrfach operiert werden. Unter ihnen lag die Zahl der gegen Latex Sensibilisierten zu Beginn des Jahrhunderts noch bei über 70 Prozent; aktuelle Studien verzeichnen in Deutschland 47 Prozent.

Die Präventionsmaßnahmen waren also bereits erfolgreich, aber das Niveau der Sensibilisierung bleibt hoch. Gefährdet sind auch andere Patientengruppen. So ergab zum Beispiel eine italienische Studie, dass 5,1 Prozent der Frauen nach einem Kaiserschnitt eine Latexallergie entwickelten.
Auch Patienten mit urologischen Erkrankungen, die wiederkehrend die Anlage von Blasenkathetern erfordern, haben ein erhöhtes Risiko.
Wissenschaftliche Beratung
Prof. Dr. Dennis Nowak
Klinikum der Universität München
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin
E-Mail: dennis.nowak@med.uni-muenchen.de
Dr. Caroline Quartucci
Klinikum der Universität München
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin
Quellen:
Die hier aufgeführten Leitlinien und Aufsätze richten sich, so nicht ausdrücklich anders vermerkt, an Fachkreise. Ein Teil der hier angegebenen Aufsätze ist in englischer Sprache verfasst.
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Letzte Aktualisierung:
20. August 2020