Weizen-bedingte Erkrankungen

Weizenkörner auf einem Holzlöffel und in einer Holzschale, daneben Weizenähren
© Igor Syrbu/fotolia

Es gibt verschiedene Krankheitsbilder, bei denen der Verzehr bestimmter Inhaltsstoffe von Weizen Beschwerden verursacht. Am häufigsten und bekanntesten ist die Zöliakie, bei der Betroffene das Weizenkleber-Eiweiß (Protein) Gluten nicht vertragen. Zu den anderen Formen von Weizen-abhängigen Erkrankungen zählen die Weizenallergie und die Nicht-Zöliakie-Nicht-Weizenallergie-Weizensensitivität – auch Nicht-Zöliakie-Gluten-Sensitivität oder Gluten-/Weizensensitivität genannt.

Im Folgenden verwenden wir aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit den Begriff Gluten-/Weizensensitivität.

KURZ ERKLÄRT:

  • Zöliakie ist eine Autoimmunerkrankung
  • Weizenallergie ist eine IgE-vermittelte Nahrungsmittelallergie
  • Gluten-/Weizensensitivität oder Nicht-Zöliakie-Gluten-Sensitivität/Weizensensitivität ist eine Unverträglichkeit mit unklarem Entstehungsmechanismus (weder Allergie noch Autoimmunerkrankung)

     

Zöliakie

Bei der Zöliakie (früher: Sprue) löst das Klebereiweiß Gluten, das in vielen Getreiden vorkommt, eine chronische Entzündungsreaktion im Dünndarm aus. Menschen mit Zöliakie müssen daher auf die Getreidesorten, welche Gluten enthalten - wie Weizen, Roggen, Gerste, Dinkel oder Grünkern-, komplett verzichten. Ausführliche Informationen zu der Glutenunverträglichkeit Zöliakie erhalten Sie hier

Weizenallergie

Bei der Nahrungsmittelallergie auf Weizen reagiert das Immunsystem auf verschiedene Proteine im Mehl von Weizen oder anderen Getreiden. Während das körpereigene Abwehrsystem bei einer Zöliakie IgA-Antikörper bildet, liegt einer Weizenallergie eine IgE-vermittelte Reaktion zugrunde.

Allergische Reaktionen nach Weizen- bzw. Getreide-Verzehr können sich an verschiedenen Organsystemen bemerkbar machen. Folgende Symptome sind möglich:

  • Schwellungen, Sekretbildung, Juckreiz oder Taubheitsgefühl in Mund, Rachen, Nase und Augen
  • Hautausschläge wie Nesselsucht (Urtikaria) , Rötungen/Schwellungen oder Verschlechterungen einer bestehenden Neurodermitis
  • Symptome an Atmungssystem/Lunge wie Atemnot, pfeifende Atemgeräusche, Heiserkeit, Husten.
    Beim „Bäckerasthma“, der inhalativen Sonderform der Weizenallergie kommt es durch Einatmung von Weizen-Proteinen zu einem allergischen Asthma.
  • Funktionsstörungen des Verdauungsapparats wie Schmerzen/Krämpfe, Übelkeit, Erbrechen, Blähungen oder Durchfall.

 

Äußert sich die Weizenallergie durch Symptome am Verdauungstrakt, kann sie mit einer Zöliakie verwechselt werden. Weizen-haltige Produkte werden bei beiden Erkrankungen nicht vertragen. Allerdings treten bei der Weizenallergie die Symptome nach Weizenkontakt deutlich schneller auf – bereits nach wenigen Minuten bis zu mehreren Stunden – und meist sind auch andere Organsysteme betroffen.

Die Weizenmehlallergie lässt sich mittels Hautpricktest und /oder Nachweis spezifischer IgE-Antikörper im Blut sowie gegebenenfallsdurch einen oralen Provokationstest (ärztlich überwachter Verzehr von Weizen) nachweisen.

Eine Sonderform ist die weizenabhängige, anstrengungsinduzierte Anaphylaxie (WDEIA = wheat dependent excercise induced anaphylaxis): Hierbei können nach Kontakt mit Weizenmehl bei gleichzeitiger körperlicher Anstrengung allergische Symptome bis hin zum anaphylaktischen Schock auftreten. Ohne die körperliche Belastung vertragen Betroffene Weizenmehl-haltige Nahrungsmittel dagegen häufig. Auch andere Verstärkungsfaktoren allergischer Reaktionen wie Alkohol oder bestimmte Arzneimittel können bei der WDEIA eine Rolle spielen.
Daneben kommt die Weizenallergie auch bei der allergischen berufsbezogenen Atemwegserkrankung dem sogenannten Bäckerasthma oder einer eosinophilen Erkrankung des Verdauungstrakts wie der eosinophilen Ösophagitis als Ursache infrage.

Gluten-/Weizensensitivität

Wie eingangs erwähnt existieren für dieses Krankheitsbild auch die Begrifflichkeiten: Nicht-Zöliakie-Nicht-Weizenallergie-Weizensensitivität oder Nicht-Zöliakie-Gluten-Sensitivität. Der sperrige Name verrät es bereits: Die Gluten-/Weizensensitivität  kann ähnliche Beschwerden wie eine Zöliakie oder Weizenallergie verursachen, wobei vor allem das Verdauungssystem betroffen ist. Zum Beispiel treten Blähungen, Bauchschmerzen und Durchfall auf. Darüber hinaus sind weitere, eher unspezifische Symptome möglich, etwa:

  • Kopfschmerzen und Migräne,
  • Müdigkeit,
  • Muskel-, Knochen- und Gelenkschmerzen.

GUT ZU WISSEN

Die Beschwerden können Stunden bis Tage nach dem Verzehr von Gluten-haltigen Produkten auftreten.

Der genaue Entstehungsmechanismus ist nicht vollständig erforscht. Offenbar ist die Gluten-/Weizensensitivität jedoch weder eine Allergie wie die Weizenallergie noch eine Autoimmunerkrankung wie die Zöliakie. Da die Ursachen unbekannt sind, gibt es bislang keine spezifischen Tests, um diese Form der Nahrungsmittelunverträglichkeit festzustellen. Wurden andere Erkrankungen ausgeschlossen, kann bei entsprechenden Symptomen die Diagnose „Gluten-/Weizensensitivität“ zutreffen.

Forschende gehen davon aus, dass bestimmte Bestandteile Gluten-haltiger Produkte, sogenannte Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATI), zu einer Aktivierung des angeborenen Immunsystems führen. Möglicherweise sind auch andere Nahrungsbestandteile wie bestimmte Kohlenhydrate von Bedeutung. Diskutiert werden hier zum Beispiel sogenannte FODMAPs (Fermentierbare Oligo-, Di- und Monosaccharide und Polyole).

ZUM HERUNTERLADEN:

Faktenblatt „Nahrungsmittelunverträglichkeiten: Weizen/Gluten" (PDF, 126 KB)

Weitere Erkrankungen in Verbindung mit Getreide-haltigen Nahrungsmitteln

Darüber hinaus gibt es weitere Erkrankungen, die ähnliche Beschwerden wie Zöliakie, Weizenallergie und eine Gluten-/Weizensensitivität hervorrufen können. Dabei können die Symptome auch speziell nach dem Verzehr von Getreide-haltigen Nahrungsmitteln auftreten. Bei der Diagnosestellung sollten sie daher berücksichtigt werden. Dazu zählen unter anderem:

Weiterführende Informationen

Wissenschaftliche Beratung

Dr. Katja Nemat

Ärzteverband Deutscher Allergologen (AeDA)

c/o Kinderzentrum Dresden-Friedrichstadt

E-Mail: kinderpneumologienoSp@m@kid-dresden.de

Quellen:

Die hier aufgeführten Leitlinien und Aufsätze richten sich, so nicht ausdrücklich anders vermerkt, an Fachkreise. Ein Teil der hier angegebenen Aufsätze ist in englischer Sprache verfasst.

  • Al-Toma, A. et al.: European Society for the Study of Coeliac Disease (ESsCD) guideline for coeliac disease and other gluten-related disorders. In: United European Gastroenterology Journal, 2019; 7 (5): 583 - 613
  • Biedermann, T. et al. (Hrsg., 2016): Allergologie. Springer, Berlin/Heidelberg, 2. Aufl., ISBN9783642372025 
  • Dellon, E.S. et al.: ACG Clinical Guideline: Evidenced Based Approach to the Diagnosis and Management of Esophageal Eosinophilia and Eosinophilic Esophagitis (EoE). In: Am J Gastroenterol, 2013, 108: 679–692
  • Felber, J. et al.: S2k-Leitlinie Zöliakie, Weizenallergie und Weizensensitivität. In: Gastroenterol, 2014, 52: 711–743 (Leitlinie abgelaufen, in Überarbeitung)
  • Kleine-Tebbe, J. et al.: Rationale Diagnostik von Nahrungsmittelallergien. In: Allergologie, 2016, 9: 409-424
  • Müller, F., Bachmann, O.: Nahrungsmittelallergie. In: Darsow, U., Raap, U. (Hrsg.): Allergologie Kompakt. Dustri Verlag 2016
  • Papadopoulo, A. et al.: Management Guidelines of Eosinophilic Esophagitis in Childhood. In: JPGN, 2014, 58: 107–118
  • Schuppan, D., Zimmer, K.P.: Diagnostik und Therapie der Zöliakie. In: Dtsch Arztebl Int, 2013, 110 (49): 835–46
  • Zopf, Y. et al.: Differenzialdiagnose von Nahrungsmittelunverträglichkeiten. In: Dtsch Ärztebl Int, 2009, 106 (21): 359-370

Letzte Aktualisierung:

15.09.2021